
Als ich klein war hatte ich Angst vor ET… dem schrumpeligen Sympathen mit dem Drang zum Telefonieren… warum? Weil er einen glühenden roten Zeigefinger hatte. Im OP sieht man den ja nun auch gern mal… als Pulsoxymeter am ja, Zeigefinger eben… alternativ an Zeh, Ohrläppchen oder (selten) Nasenflügel… an sich könnte man das Ganze ja an jeder halbwegs durchstrahlbaren Akre anbringen… gehen wir hier vielleicht nicht zu sehr ins Detail…
Wie funktioniert das Ganze? Vor allem nicht invasiv… das macht es so anwenderfreundlich und einfach einsetzbar, ob Klebeband oder Fingerclip, es tut nicht weh und hinterlässt keine Spuren.
Zunächst einmal wird hier also Gewebe vermeintlich nur mit rotem Licht durchstrahlt. Am Ende steht als Ausgabewert die Sauerstoffsättigung in Prozent und die Herzfrequenz. Das ist nur die halbe Wahrheit. Gängige – vulgo einfache – Pulsoxymeter verwenden zwei Wellenlängen zur Messung der Absorptionsspektra von Oxy- und Desoxyhämoglobin nämlich 660 nm (“rot”) und 940 nm (“infrarot”).
Die Absorptionsspektra von OxyHb und DesoxyHb unterscheiden sich. Dabei ist vor allem eines wichtig: Das Absortionspektrum von Oxyhämoglobin zeigt bei 660 nm einen Tiefpunkt, während die Absorptionskurve von Desoxyhämoglobin hier nur sanft abfällt (“arterielles Blut ist also vor allem deshalb hellrot, weil rotes Licht mit 660 nm NICHT von ihm absorbiert wird”). Muss man das ganze in der europäischen Prüfung aufzeichen, merkt man sich 3 Sachen:
- Der Tiefpunkt des Absorptionsspektrums für Oxy-Hb liegt bei 660 nm
- Der isobestischer Punkt(*) liegt bei 805 nm
- bei 940 nm liegt die Absorption von OxyHb wieder über der von DesoxyHb
(*) der isobestische Punkt bezeichnet den Punkt identischer Absorption
Malt man das ganze auf, sieht es folgender Maßen aus:

In der Praxis enthält unser Fingerclip zwei LED mit den Wellenlängen 660 nm und 940 nm, die abwechselnd Licht aussenden (es blinkt, weil wir den Infrarotanteil nicht so gut sehen). Auf der gegenüberliegendnen Seite empfängt eine Fotodiode das Restlicht nach Durchstrahlung des Fingers und entsprechender Gewebeabsorption.
Was wir bedenken sollten, ist, dass unsere Fotodiode das gesamte halbwegs sichtbare Spektrum abdeckt und deshalb unter Lichteinfall störanfällig ist, deshalb die Abschirmung im Clip.
Was wir aöso messen, ist die veränderte Absorption aufgrund der Volumenänderung des Fingers mit dem pulsatilen Blutstrom. Deshalb auch “Plethysmographie” (plethys, griech. “Fülle”, graphein, griech. “aufzeichnen”). Ändert sich der durchstrahlte Gewebezylinder geringfügig, ändert sich die Messung gewaltig, weshalb die Plethysmographie durch Bewegung falsche Ergebnisse liefert.
Also, mit der Systole nimmt das Volumen des Messortes geringfügig zu, mit der Diastole ab. Die Maximal- und Minimalwerte der Absorption werden für jede Wellenlänge in Relation gesetzt und zeigen nebenbei die Pulsfrequenz an. Setzen wir nun die Quotienten für OxyHb und GesamtHb (also OxyHb+DesoxyHb) in Relation fallen zum einen die “Gewebefaktoren” wie absolute durchstrahlte Strecke etc heraus, zum anderen wird das Ergebnis nur noch vom Verhältnis OxyHb zu GesamtHb bestimmt.
Die partiell Sauertoffsättigung ist dann auch genau dieser Quotient:
SpO2 = OxyHb/OxyHb+DesoxyHb
Pulsoxymeter mit nur 2 Wellenlängen sind anfällig für Fehlmessungen, neben der erwähnten Störanfälligkeit durch Licht und Bewegung, so wie der Abhängigkeit vom Pulsdruck (ohne Perfusion keine Volumen- ergo keine Absorptionsänderung! vrgl. Zentralisation) verändern auch chemische Einflüsse das Meßergebnis. So kann kohlenmonoxidbeladenes Hämoglobin nicht von OxyHb unterschieden werden. Bei CO-Hb erscheint die Sättigung also falsch hoch! Ein ähnlich falscher Freund ist Methämoglobin. Zur Detektion gibt es Pulsoxymeter mit bis zu 7 Wellenlängen und entsprechender Spektralanalyse.
Zu guter letzt verändern alle Einflüße, die die Durchstrahlung behindern das Meßergebnis. Aufgrund der Relation der Absorption ist das ganze relativ wenig störanfällig durch Nagellack, je dunkler und weniger rot desto schwieriger (grün, blau, schwarz).
Insgesamt ist die Fehlerquote unserer Pulsoxys nur im oberen Meßbereich (80-100% mit unter 2% Fehler) der Sättigung akzeptabel, im Desaturationsbereich unter 70% schnellt die Fehlerquote über 5% und mehr.
Kleine Bemerkung zur Bildung am Rande, ein klinisch halbwegs sinnvoll einsetzbares Pleth gibt es erst seit etwa 1978 auf dem Markt, vertrieben von der Firma Minolta. Die Entwicklung des anwendbaren Prinzips verdanken wir Takuo Aoyagi, einem tokioter Ingenieur der Firma Nihon Koden und sie datiert auf 1972!
Falls man den Mann mal sehen will:
Mattes entwickelte übrigens bereits in den 30ern ein ähnliches Prinzip.
Falls jemand tatsächlich die Physik dazu möchte, hier eine sehr gute Seite:
[…] Plethysmographen also Sättigungsclips sind ungenaue Gesellen, die auf Minderperfusion, Licht und Erschütterung empfindlich reagieren. Ist die Kurve sehr weit weg von einer arteriellen Kurve (also flach oder verzittert) kann man den Messwert in die Tonne treten. Dann Perfusion optimieren (Stichwort Zentralisierung) und anderen Messort suchen. Je niederer die Sättigung desto ungenauer die Sättigungsmessung! […]
[…] Im Blut bestimmen wir Sauerstoff- und Kohlendioxidpartialdrücke. Meist mithilfe einer Sensorbank, die Sauerstoff, Kohlendioxid und pH gemeinsam bestimmen. Die Spektrophotometrie zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung findet Ihr hier. […]