BOA reboot – Lass zucken… TOF-Messorte

TOF ist ein Schlagwort der Relaxometrie – also aus dem Bereich semiquantitativer Erfassung des Relaxierungsgrades mit NDMR (also nicht depolarisierenden Muskelrelaxantien) in Abhängigkeit von der Rezeptorbesetzung an nikotinischen Azetylcholinrezeptoren.

Wir setzen einen elektrischen Reiz über die transkutane Erregung eines zumindest anteilig motorischen Nerven in eine motorische Antwort um – wir messen also die elektromechanische Kopplung, bzw. die synaptische Übertragung. Warum ist dieser Einschub wichtig? Sitzen unsere Elektroden zu nah an der Effektormuskulatur, kann es eine direkte Erregung geben, ohne dass die eigentliche Zielstruktur der NDMR- die motorische Endplatte – im Sinne synaptischer Überleitung beteiligt wäre! Deshalb müssen wir den Nerv in einiger Entfernung vom Effektormuskel stimulieren und die motorische Antwort messen!

TOF Ausschläge/ fading vs. NDMR-Rezeptorbesetzung – Ab einer Rezeptorbesetzung von 70% bemerken wir ein fading, die T1/T4-ratio sinkt), ab 90-95% ist der TOF-Verlust vollständig (“0/4”), chirurgisch ausreichend sind meist 1/4-2/4

Standardmessort für die Relaxometrie dürfte der Unterarm, resp. der N. ulnaris und der zugehörige M. adductor pollucis sein… was tun wir aber, wenn dank diabetischer Polyneuropathie der Ulnaris nicht mehr leitet, beide Arme intraOP angelagert sind, posttraumatisch fehlen oder gar zum OP-Feld gehören?

Um zu wissen, was es für Alternativen gibt, schauen wir erstmal was es an Vorbedingungen braucht: Motorische Nerven und dazu passende Muskulatur hatten wir schon. Der Nerv muss irgendwo in seinem Verlauf relativ oberflächlich liegen, damit wir ihn elektrisch mit Klebeelektroden erreichen. Praktisch wäre es auch, wenn die Klebestelle gut erreichbar und frei gelagert ist. Der dazugehörige Muskel sollte eine merkliche und idealerweise akzelerometrisch messbare Zuckung zeigen, damit ich überhaupt messen kann. Zu nah sollten Elektroden und Muskel auch nicht liegen, damit es nicht zu direkter Erregung kommt, die eine Beurteilung zumindest erschwert.

Folgende oberflächliche, gut zugängliche und motorischen Nerv/ Muskelkombinationen bieten sich an:

N. ulnarisM. adductor pollicis: distale Elektrode im Bereich der Handgelenksbeugefalte  ulnarseits über dem Ulnarisverlauf, proximale kurz dahinter, Antwort ist die Adduktion des Daumens.]

Ulnaris ad Adductor pollicis

N. facialisM. orbicularis oculi : die Elektoden kleben übereinander leicht vor und unter dem Ohr oder vor dem Tragus im proximalen Facialisverlauf, die Antwort erfolgt über ein Augenkneifen.

Achtung: direkte Muskelstimulation ist sehr häufig wenn man die Elektroden zu nah am Orbicularis oculi platziert! Bitte auf geringe Stromstärke (20-30 mA) achten.

Fazialis ad Orbicularis oculi

N. peronaeusUnterschenkelextensoren/ Pronatoren [Die Elektroden kleben leicht hinter dem Fibulaköpfchen (oberhalb/ unterhalb), Antwort ist die Dorsalflexion des Fußes].

lateraler Unterschenkel mit Fibularis/ Peronaeus communis ad Extensor digitorum brevis

N.tibialis posteriorM. flexor hallucis brevis [Die Elektroden kleben hinter dem Malleolus medialis leicht ober- und unterhalb, Antwort ist ein Wippen der Großzehe.]

medialer Unterschenkel mit Tibialis posterior ad Extensor hallucis brevis

Unser Pulsgenerator, das sog. “Relaxometer”, liefert im TOF-Modus: 4 Rechteckpulse mit 0,2 s Dauer und 0,3 s Pause (200 ms & 300 ms, gabe also 500 ms pro Reiz oder 2 Hz) und je nach Messort üblicherweise 20-60 mA (die die Eichfunktion unseres Gerätes idealerweise ermittelt). Diabetiker und Adipöse brauchen ggf. mehr Stromstärke wegen polyneuropathisch bedingten Leitungsstörungen, bzw. “Isolation”.




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