BOA reboot – Absorber

In den Inspirations- oder Expirationsschenkel eingeschaltet fristen sie ihr eher farbloses Dasein – wenigstens zum Ende ihrer Lebenszeit verfärben sie sich – meist violett: Absorber.

Warum aber überhaupt Rückatemsysteme? Nun, zunächst zur Reduktion der Kosten für Sauerstoff und Volatila, zum Wärme- und Feuchtigkeitserhalt und zur Reduktion der Arbeitsplatz- und Umweltbelastung. Problem nur, dass hierbei auch ein Gas zurückgeführt wird, das negative Auswirkungen haben kann – Kohlendioxid mit seiner sehr direkten Wirkung auf den Gefässtonus, den Sympathikus und den Säure-Basen-Haushalt.

Kohlendioxid muss also dem Atemgas entzogen werden.

Um CO2 zu binden, wird das Ausatemgas durch einen Behälter mit Atemkalk geleitet. Atemkalk als poröses Material bietet eine grosse Absorptionsoberfläche. Am gebräuchlichsten ist dabei Natronkalk (NaOH, Ca(OH)2). Auf Grund seiner Neigung zum Entflammen ist Bariumkalk (Ba(OH)2) kaum mehr im Einsatz. Zur Stabilisierung, gegen Staubbildung und gegen Austrocknung sind den Granula oft Silikate oder Zeolith zugesetzt. Ein CaCl2-Zusatz beschleunigt den Absorptionsprozess und reduziert auch im Trockenen die Bildung toxischer Metabolite. Alle Fabrikate enthalten 16-20% Wasser, bei Barium als Hydrat.

Das Wasser im Atemkalk dient zur Bildung von Carbonat, gleichzeitig vermindert es aber die Austauschoberfläche. Trockener Atemkalk führt zur Bildung meist toxischer Metabolite aus der Absorption und Reaktion halogenierter Kohlenwasserstoffe (die eben v.a. trockenheitsabhängig ist) weshalb herstellerseits eine gewisse Grundfeuchte vorgegeben ist.

Die Granula oder Pellets werden so verteilt, dass ein gleichmässiger Gasfluss durch das Granulat ohne Strassenbildung stattfindet. Letztere würde die Kontaktzeit mit den Granula und damit die Absorptionsleistung reduzieren.

Und was geschieht nun im Kalk?

  1. CO2 + H2O <-> H2CO3
  2. H2CO3 + 2 NaOH <-> Na2CO3 + 2 H2O
  3. Na2CO3 + Ca(OH)2 <-> CaCO3 + 2 NaOH

Die Reaktion bildet Calcium- oder Bariumkarbonat und verläuft exotherm, d.h. der Absorber erwärmt sich v.a. bei hohem CO2-Anteil (MH o.ä.). Ein beigemengter Indikator (meist Ethylviolett 0,1%) verfärbt sich aufgrund des fallenden pH bei Verbrauch des Absorbers violett. Verbrauch bedeutet ein Verarmen an Ca(OH)2 und damit einen Abfall des pH durch Carbonate, NaOH wird im dritten Schritt der Reaktion recycelt. Wasser entsteht wieder in Schritt 2.

Theoretisch liegt die Absorptionskapazität bei etwa 20l CO2 / 100 g Absorber, wird jedoch unter realen Bedingungen kaum erreicht. Häufig wechselt man den Absorbers bei einer inspiratorischen CO2 -Konzentration um 5 mmHg. Der Farbumschlag allein ist reversibel und ein unsicherer Parameter des Verbrauchs.


Übersicht: Toxische Metaboliten der gebräuchlichen Inhalationsanästhetika

  • Sevofluran [3-5% Metabolismus]
    • Fluoridionen (nephrotoxisch)
    • Compound A v.a. an trockenem Bariumkalk bei niederen Flussraten und höheren Temperaturen (nephrotoxisch) – im Menschen bisher keine Nephrotoxizität nachweisbar, bei CaCl2 -Beimengung nahe Null
    • (Kohlenmonoxid)
  • Desfluran [0,02-0,1 % Metabolismus]
    • Kohlenmonoxid
    • metabolisiert zu Trifluoressigsäure (hepatotoxisch), aber geringste Metabolisierungsrate & nicht nennenswerte Spiegel
  • Isofluran [0,2% Metabolsimus]
    • Kohlenmonoxid
    • metabolisiert zu Trifluoressigsäure (hepatotoxisch)
  • Exkurs Halothan [20% Metabolismus]
    • (Kohlenmonoxid)
    • oxidativer Metabolismus zu hepatotoxischer Trifluressigsäure (-> Leberzellnekrosen & Auslösung einer immunologisch vermittelten Autoimmunhepatitis) und reduktiver Metabolismus zu freien Radikalen (milde Hepatitis mit Transaminasenanstieg)
  • Lachgas/ Xenon inert, kein Metabolismus – Beeinträchtigung des B12/ Methioninstoffwechsels durch Lachgas

Die entstehenden toxischen Metaboliten erreichen faktisch im klinischen Alltag nie ausreichend hohe Konzentrationen für eine klinisch relevante Intoxikation. Gerade im Bezug auf Sevofluran werden aber v.a. im englischsprachigen Raum Flussraten zwischen 1 und 2 Litern/min zur Vermeidung eben dieser Metaboliten empfohlen. Kohlenmonoxid bildet sich nicht in NaOH- oder KOH-haltigen Absorbern.

Es gibt keine routinemässige maschinelle Einrichtung zur Bestimmung des Kohlenmonoxidanteils.

vrgl. DGAInfo Atemkalk: Hinweise zu korrektem Umgang und fachgerechter Nutzung - Zusammenfassung und Aktualisierung der beiden Stellungnahmen aus den Jahren 1999 (Anästh Intensivmed 1999:40:507-509) und 2005 (Anästh Intensivmed 2005:46:324-326).



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