Heute sprechen wir mal wieder über etwas ganz seltenes, einen Kolibri der Medizin, eine geradezu phantastische Entität wie Einhorn oder Yeti – das Lob im medizinischen Ausbildungsverhältnis.
Wie komm ich drauf? Ich hab heut in nem Hörbuch im Stau nach Norden auf der A5 einen Passus über Dale Carnegies public speaking courses in den 90ern gehört… zusammengedampft geht es darum, dass Menschen, die in der Öffentlichkeit, beim Vortrag, auf einer Bühne kaum mehr einen Fuss vor den anderen bekommen, geschweige denn zusammenhängend und interessant sprechen können, nach einigen Wochen freie entspannte Vorträge halten lernen… und das Geheimnis? Lob. Ganz banal – Lob und Wiederholung. Einer spricht, die Gruppe gibt feedback, aber nur positives, Kritik ist verboten. Letztlich ist das eine Art pavlovscher Bestärkung, Verhaltenstherapie wenn man so will. Aber: es funzt(e).
Und dann denk ich an Sätze wie ‘Motivierte Menschen leisten mehr. Mehr als sie müssen.’ und ich denke an mich als Assistenten im Minimaldienst nach Vorschrift nachdem mich die pervertierten AltOAs Heiner, Susanne und Co. für Nichtigkeiten auf ein ihren Minderwertigkeitskomplexen erträglich scheinendes Maß zusammengebrüllt hatten. Und ich denke an Roland, der mit wenigen Nebensätzen wie ‘warum soll ich das korrigieren, ich weiss doch dass du es kannst’ genau das positive Gegenteil erreichte.
Und deshalb mach ich’s anders, teache, korrigiere, verstärke… und bekomme von Chefärzten der Kategorie ‘last century’ gesag, ich passte nicht ins System institutionalisierter Medizin. Stimmt, denn es wird mehr als Zeit, sich von verkrusteten Ideen des ‘Brechen um zu lehren’ zu verabschieden und die Ressource Jungarzt/-ärztin effektiv zu nutzen, und dazu gehört eben Aufbauen, Lehren, Verstärken. ‘System’ nach Sauerbruchmanier bringt vor allem eines, nämlich Demotivation und den angesprochenen Dienst nach Vorschrift – ‘Warum soll ich mich lang machen, wenn ich eh nur auf die Fresse bekomme?’ Um einen Erstjahresassistenten zu zitieren, der nach vier Monaten abwertendem Dauerbombardement das Handtuch warf. Wollen wir uns das als Vertreter der Medizin leisten? Wirtschaftlich gesprochen ist das ein Wahnsinn… volkswirtschaftlich kloppen wir ne halbe Million pro Studium weg, betriebswirtschaftlich für ein erfolgloses Onboarding ein Jahresgehalt… solche Oberärzte als Kapitalvernichter muss man sich leisten wollen… nope!
Mir wird oft eine Kindergarten-/ Streichelzoomentalität vorgeworfen und übliche Sätze sind, ‘da muss man durch’, ‘uns hat das auch nicht geschadet’ und das antiquierte ‘Lehrjahre sind keine Herrenjahre’ und ich verstehe nicht, warum man sich nicht an den Arschgeigen rächt, die einen gequält haben? Warum die nächste Generation frustrieren und um die Freude an der Arbeit bringen? Das ist armselig.
Ich hab nur sehr selten wirklich dumme und faule Assistenten getroffen, aber unzählige demotivierte und frustrierte und ich habe immer wieder gesehen, dass ein ‘du kannst das, und wenn nicht, steht ich ja dabei’ oder ein ‘super gemacht!’ oft Wunder wirkt, dass ein merklicher Vertrauensvorsprung, ein ‘ich glaub an dich’ oft aus als Minderleistern verschriehenen Kollegen holt, was sie mal waren und sind: Bombenärzte und Megaärztinnen. Leider hab ich auch sehen müssen, dass eine einzelne übertriebene Schimpfkanonade einen jungen Kollegen auf Null setzen und aus dem Fach treiben kann. Mich selber haben derlei W****** in den Burnout und aus der Chirurgie getrieben.
Macht es gut. Macht es besser. Lobt, helft, habt Vertrauen! Ihr seid der Hammer!
Und nein, nicht gemeckert ist eben nicht gelobt genug.
Ja, total!
Und in diesem Sinne ein “wunderbar jemacht Herzelein” und “bidde stetes Weiterso”, weil ist wirklich toll so wie du’s bisher machst.
Komm gut durch die Jahre.
Voll gut. Wünschte alle Ausbilder würden sich diese Gedanken zu eigen machen. Danke
Find ich super! Wäre wirklich wünschenswert, wenn ein Umdenken vorherrschen würde in der Medizin. Man hört ja nie auf zu lernen und ein ganz einfach ausgedrückt ‚humanes‘ Umfeld täte der Humanmedizin wirklich gut!