Wir haben unser Lokalanästhetikum gespritzt (Bupi, Prilo…), vielleicht mit Zusätzen (Sufentanil, Clonidin), nun breiten sich Wirkung und Nebenwirkungen vom Ort der Injektion nach kaudal und kranial aus…
zunächst folgt die Wirkung mal dem im Beitrag „Den Fasern auf die Nerven gehen“ beschriebenen Muster (Sympathikolyse, Verlust des Temperaturempfindens, dann Schmerz, dann Propriozeption, dann Motorik). Dies erfolgt auf jeder Höhe.
Die Nebenwirkungen sind jedoch abhängig von der jeweiligen Ausbreitungshöhe
1) Sympathikolyse
durch sympathoprive Vasodilatation kommt es zu einem venösen „pooling“, also Vorlastabfall mit folgendem Blutdruckabfall. Das gestochene Gegenüber zeigt Schwindel, Übelkeit und Kaltschweißigkeit. Je höher das Segment, desto ausgeprägter der Effekt. Dient die SPA z.B. nur zur Operation an einer Extremität kann durch Seitenlagerung und Dosisreduktion im Sinne einer unilateralen SPA dieser Effekt deutlich reduziert werden!
Erreicht die Ausbreitungshöhe die Segmente Th1-4 kann es zu einer ausgeprägten Bradykardie bis hin zu Ersatzrhythmen und Asystolie kommen. Hier sind die sympathischen Nervi accelerantes betroffen.
Vasoplegie und Bradykardie sind Ausdruck einer totalen Sympathikolyse, der Körper kann weder durch Vasotonussteigerung noch durch Frequenzzunahme auf den Blutdruckabfall reagieren.
Therapie:
Volumengabe (z.B. Jonosteril 500 ml), Akrinor® ½-1 Amp. fraktioniert oder Ephedrin 10 mg rep., bei Bradykardie Atropin 0,5-1 mg.
2) Atemnot
Subjektive Atemnot kann mit Erreichen der Thorakalsegmente auftreten. Diese ist zunächst nicht gefährlich, kann aber durch das Gefühl nicht mehr atmen zu können Panikreaktionen auslösen. Letztlich ist es der Verlust sensibler Afferenzen, der den Patienten das Gefühl gibt, nicht richtig tief atmen zu können.
Therapie der Wahl ist hier das beruhigende Einwirken auf den Patienten und – auch zur Beruhigung Sauerstoffgabe über eine Nasenbrille, ggf. kann niedrig dosiert Midazolam helfen.
Die Anteile der Interkostalmuskulatur an der Atemtätigkeit kann aber bei entsprechender Disposition (COPD, Adipositas) ausreichen, um eine Ateminsuffizienz zu erzeugen.
Erreicht die Ausbreitung die Zervikalsegmente C3-5, so stellt der Ausfall des Zwerchfells einen akuten Notfall dar, dem ggf. mit Einleitung und Intubation bis zur ausreichenden Rückbildung der Symptomatik zu begegnen ist.
3) Parästhesien
Besonders unangenehm erleben Patienten Parästhesien der Hände und der Brust, an sich nicht gefährlich können sie Vorboten einer zu hoch aufsteigenden Spinalanästhesie sein, leichte Kopfhochlagerung bei hyperbarem Lokalanästhetikum kann versucht werden, um weitere Ausbreitung zu verhindern. Vigilanz hinsichtlich fortschreitender Nebenwirkungen ist geboten!
4) Hirnnervenausfälle/ Hohe Spinale
Sprech- und Sehstörungen, Geschmackssensationen, Ohrenrauschen, Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma und auffällige Pupillomotorik („weit“) kennzeichnen die hohe Spinale, zusätzlich gehören der Ausfall der Atemmuskulatur und die vorbeschriebenen kardiozirkulatorischen Komplikationen dazu. Therapie ist die Sicherung der Vitalfunktionen durch Intubation und ggf. kardiopulmonale Reanimation, Katecholamintherapie, Atropingabe und Abwarten der Rückbildung.
Fast harmlos scheinen zum Schluß die Blasenfunktionsstörungen – mit Erreichen der Segmente Th12-L2 (symp.) und S2-4 (parasymp.) kann es zum Harnverhalt kommen. Ggf. muss eine Katheteranlage erfolgen. Eine Überdehnung der Blasenwand kann zu einer dauerhaften Schädigung führen!
