BOA reboot – Kinderanästhesie 3 – Induktion und Narkoseführung – der Kinderspickzettel

20180413_100028Der kindliche Organismus bietet einige Unterschiede hinsichtlich Pharmakokinetik und -dynamik, die sich direkt auf Medikamentenwahl und -dosierung auswirken. Nicht zuletzt gilt auch zu beachten, dass nicht für wenige Medikamente die Datenlage dürftig ist und entsprechende Zulassungsbeschränkungen bestehen oder wir uns in der Grauzone des off-label use bewegen, weil von Herstellerseite der Einsatz bei Kindern beschränkt ist.

Der Gesamtwasseranteil am Körpergewicht ist deutlich höher als beim Erwachsenen, v.a. der Extrazellulärraum nimmt beim Frühgeborenen bis zu 60%, beim Säugling bis zu 40% des Körpergewichts ein (Erwachsene etwa 20%). Das Blutvolumen ist relativ größer (NG 85 ml/kg) als beim Erwachsenen (70 ml/kg). Der Hb liegt höher, das Gesamteiweiß ist niedriger, ebenso der kolloidosmotische Druck, d.h. die Plasmaeiweißbindung ist schwächer. Verstärkt wird dieser Effekt u.a. noch durch den Neugeborenenikterus, der zusätzlich Pharmaka aus ihrer Eiweißbindung verdrängt.

Tendentiell besteht eine relative Hypovolämie durch ausgeprägtere Flüssigkeitsverluste aufgrund der größeren Körperoberfläche, der gesteigerten Ventilation und einer Unreife der renalen Natriumrückresorption, also der Konzentrierungssfähigkeit. Entsprechend besteht oft eine latente Hyponatriämie. Eine Neigung zu stressbedingter ADH-Exkretion führt zum Rückhalt “freien Wassers”, welches den Effekt verstärkt

Akute Verschiebungen führen bei Kindern früher als bei Adoleszenten oder Erwachsenen zur Ausbildung eines Hirnödems, weshalb eine gute Natrium-/ Volumen-Homöostase lebenswichtig ist.

Laktat kann die NG-Leber nocht nicht ausreichend metabolisieren, Actetat und Malat hingegen schon. Insgesamt zeigt die Leber eine Unreife oxydativer und glucuronidierender Metabolisierung und eine noch reduzierte Syntheseleistung. Verschiedene Esterasen werden nur unzureichend produziert (Succinylcholin, Mivacurium, Remifentanyl!).

Es besteht eine “Unreife” der Blut-Hirn-Schranke insofern, als es zu zentralen Nebenwirkungen sonst nicht zentralgängiger Pharmaka kommen kann.

Die Wirkungen verschiedener Pharmaka kann aber auch reduziert sein, so benötigen Kinder deutlich mehr Propofol als Erwachsene (3-4 mg/kg) zur Einleitung, ähnlich verhält es sich auch mit den Volatila, wo der MAC bei Kindern deutlich höher liegt.

Katecholamine wirken am kindlichen Herzen schwächer, aufgrund des relativen Mangels an kontraktilen Elementen.

Für Atropin sollte man wissen, dass es Studien gibt, die nahelegen, Unterdosierung führe zu einer paradoxen Bradykardie, so dass man oft die Empfehlung liest 0,01 mg/kg kg aber mindestens 0,1 mg zu geben.

Am Schluß lohnt es sich, einen Spickzettel zu haben:

Grobe Regeln zur Dosierung

% Erwachsenendosis = Alter/(Alter+12) *100

% Erwachsenendosis = 4*Alter +20

und am genauesten: Dosis = Oberfläche [m2] x Dosis ErwD [g] / 1,73 m2




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