Das erste Mal an Doktor Dräger und schon froh, wenn man den manuellen Modus gefunden hat und das APL-Ventil an der richtigen Stelle auf MAN statt SPON steht (Adjustable Pressure Level, manuell/spontan), der Patient also wenigstens etwas Luft bekommt. Dann den Tubus irgendwie versenkt, ohne den Alveolarfortsatz dauerhaft freizustellen und jetzt? Wie beatmet man mit den verschiedenen Modi? VCV, PCV… was soll das denn alles? Und wie stell ich`s ein?
VCV und PCV sind mandatorische Beatmungsmodi, das heißt, dem Patienten werden Atemhübe “aufgezwungen”. Im OP heisst das, die Spontanatmung hat dank Opioid, Propofol und Muskelrelaxans erstmal ausgesetzt.
VCV bedeutet volumenkontrollierte Beatmung (volume-controlled ventilation). Ich gebe das Beatmungsvolumen als Atemzugs- oder Minutenvolumen vor. Ich stelle also das Atemzugs- oder Tidalvolumen Vt, die Atemfequenz AF, das Inspirations-Expirations-Verhältnis I:E und den Maximaldruck Pmax so wie den PEEP ein. Die Beatmungsdrücke ergeben sich aus den Strömungswiderständen der Atemwege (Resistance) und der Dehnbarkeit der Gewebe (Compliance, genauer eigentlich Dehnbarkeit des Systems inkl. Schläuche, etc.).
Typische Einstellungen sind hier:
- Vt ca. 8 ml/kg Idealgewicht nach Broca (Körpergewicht – 100, abzüglich 10%)
- AF nach Alter zwischen 10 und 40/min (Erw.-Sgl.), I:E 1:1,5-1:2 (selten umgekehrt, s.u.) und
- Pmax zwischen 20 cmH2O (bei der LMA, Limit des oberen Ösophagussphinkterdrucks!) und 30-35 cmH2O (Barotraumagrenze).
Ob Vt und AF richtig eingestellt sind, erfahren wir aus zwei Dingen. Zum einen muss sinnvollerweise das Vt deutlich größer als der Totraum sein (ca. 2 ml/kg für alle Altersklassen), um überhaupt mehr als Pendelluft durch die Atemwege zu bringen, zum anderen sollte Normokapnie (etCO2 35-45 mmHg/ 4,7-6,9 mmHg oder um 5 Vol%) erreicht und gehalten werden.
Vorteile der VCV sind das garantierte Tidalvolumen und das “pflegeleichte” Erreichen eines ausreichenden Atemminutenvolumens auch bei wechselnden Drücken im Abdomen. Man muss sich also weniger um die Beatmung kümmern. Nachteil ist, dass in der Regel das Volumen, das eingestellt ist, auch appliziert wird. Ändert sich die Compliance des Systems (z.B. durch Anlage des Kapnoperitoneums bei der Laparoskopie) können Spitzendrücke entstehen, die das Lungengewebe schädigen können. Deshalb muss ein Spitzendruck eingestellt werden (Pmax), bei dem die Ventilation abbricht und alarmiert. Hier kann eine Veränderung von I:E (“längeres I”, s.u.) sinnvoll sein, ebenso erlauben höhere Atemfrequenzen mit niedrigeren Volumina eine Beatmung mit niedrigeren Spitzendrücken.
PCV bedeutet druckkontrollierte Beatmung (pressure-controlled ventilation). Ich gebe den Beatmungsdruck vor, also den maximal erreichten Druck. Einstellen kann ich hier den Beatmungsdruck Pinsp, die Atemfequenz AF, das Inspirations-Expirations-Verhältnis I:E und den PEEP. Pmax entspricht dem eingestellten Pinsp.
Die Beatmungsvolumina ergeben sich aus der Compliance des Systems. Der Beatmungsdruck muss in Abhängigkeit von den wechselnden Drücken so eingestellt werden, dass ein passendes Tidalvolumen resultiert. Auch hier sind Druckgrenzen zu beachten, allerdings setzen wir diese mit Pinsp ohne eine “Abbruchgrenze” Pmax zu definieren (z.B. Pinsp zwischen <20 cmH2O (LMA, Limit des oberen Ösophagussphinkterdrucks!) und 30-35 cmH2O (Barotraumagrenze)). I:E und PEEP sind analog zur VCV einzustellen.
- Pinsp bewegt sich in der Regel zwischen 10 und 20 cmH2O
Vorteile der PCV sind das bessere Druckprofil ohne Druckspitzen an Anfang der Inspiration. Es resultiert ein weniger lungenschädliches Beatmungsmuster. Mit der Einstellung eines maximal zu erreichenden inspiratorischen Druckes Pinsp lassen sich zum Beispiel bei Larynxmaskenbeatmung die Insufflation des Ösophagus/ Magens vermeiden und insgesamt ist das Risiko eines Barotraumas reduziert. Nachteil der PCV ist die Abhängigkeit des Tidalvolumens von der Compliance des Gesamtsystems. Bei vorgegebenem Druck ist es möglich, dass bei akuten Änderungen der Compliance extrem hohe und extrem niedere Vt verabreicht werden. Neben den Auswirkungen auf das Atemminutenvolumen, die ein regelmäßiges Nachjustieren nötig machen, muss man auch im Auge behalten, dass ein akutes Volutrauma möglich ist, also überhöhte Volumina eingeblasen werden. Typische Wechsel der Compliance finden z.B. statt, wenn das Kapnoperitoneum angelegt wird (höhere Drücke erforderlich), wenn Trokare gezogen werden (u.U. akuter Abfall des abdominellen Druckes und rasanter Anstieg der Vt bei akut hoher Compliance) oder eben das CO2 wieder abgelassen wird. Umgekehrt beim Husten und Pressen mit deutlicher Vt-Abnahme. Eine erhöhte Vigilanz ist also vonnöten.
Also:
VCV
- Vt 6-8 ml/kg Idealgewicht, entspr. 420-560 ml bei 70 kg (Ziel Normokapnie)
- AF um 10-15/min (erw.!), Kinder nach Alter mehr
- Pmax z.B. 30 cmH2O (“Alarmgrenze”)
- PEEP 5-10 cmH2O nach kardialer Belastbarkeit und FiO2 (Resorptionsatelektasen!)
- I:E 1:1,5 – 1-2
- nach der Präoxygenierungsphase/ Einleitungsphase FGF (Fresh-gas Flow) von z.B. 5 l/O2 auf <0,5 l/min reduzieren, Sauerstoffanteil zur Vermeidung von Resorptionsatelektasen reduzieren (z.B. Richtung 50%, cave genaugenommen in einen Bereich der ausreicht die Oxygenierung zu sichern, ohne Schäden durch freie Sauerstoffradikale zu verursachen! also nach BGA paO2 z.B. um 100 mmHg.
PCV
- Pinsp nach erreichtem VT (Ziel 6-8 ml/kg und Normokapnie), z.B. mit 10-15 cmH2O beginnen, regelmäßig anpassen
- PEEP 5-10 cmH2O nach kardialer Belastbarkeit und FiO2 (Resorptionsatelektasen!)
- I:E 1:1,5 – 1-2
- nach der Präoxygenierungsphase/ Einleitungsphase FGF (Fresh-gas Flow) von z.B. 5 l/O2 auf <0,5 l/min reduzieren, Sauerstoffanteil zur Vermeidung von Resorptionsatelektasen reduzieren (z.B. Richtung 50%, cave genaugenommen in einen Bereich der ausreicht die Oxygenierung zu sichern, ohne Schäden durch freie Sauerstoffradikale zu verursachen! also nach BGA paO2 z.B. um 100 mmHg.
Nachtrag I:E
Physiologisch ist ein I:E von etwa 1:1,5-1:2. Das wollen wir beibehalten. Bei 1:2 ergibt sich bei 10 Atemhüben pro Minute ein Zeitverhältnis von 2s:4s (10 Atemzüge pro 60s, also 6 s pro Zug, davon 2 s Inspiration und 4 s Expiration). Je kürzer die Inspiration desto höher der Beatmungsdruck (Volumen pro Zeit!), je kürzer die Expiration desto weniger Zeit zum Ausatmen und desto höher das Risiko des “Air trapping” und AutoPEEP also eines “Aufblasens” des Patienten… der Asthmatiker/ COPDler braucht also mehr E zum Preis höherer Drücke um suffizient ausatmen zu können. (Flowkurve! Kommt der Flow nicht auf Null zum Beginn der Inspiration, ist E zu kurz!). Nebenbei bemerkt reduziert sich die globale Kontaktzeit der Erys mit Sauerstoff in Abhängigkeit von der Inspirationszeit. “Weniger I gleich weniger Oxygenierungszeit.”
Gewicht nach Broca wäre Größe in cm – 100 ( + 10% wären zstl. gestattet bis Übergewicht erreicht sind).
Beispiel: 175cm – 100 = 75 (kg) [bis zu 7,5kg zstl. mgl, also 82,5kg maximal].