BOA reboot: intrapulmonale Shunts

Shunt“Herr Doktor, was ist das für eine blaue Zahl?” , ‘Das ist eine 98…’.

Gelegentlich zeigt die Plethkurve eine dreistellige Prozentzahl, die Hundert. Aber ist es möglich, dass es eine vollständige Sättigung des gesamten Hämoglobins geben kann?

Unter physiologischen Bedingungen an sich nicht.

Die Sauerstoffbindungskurve mit ihrem sigmoidalen Verlauf mit asymptotischer Annäherung an die Vollsättigung spricht dagegen, dass unter normalen Druckbedingungen (760 mmHg/ Torr auf Normalnull) eine 100%ige Sättigung erreicht wird.

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Außerdem finden sich intrapulmonal Shuntverbindungen, die (teil)entsättigtes Blut aus nicht ventilierten Anteilen (z.B. Atelektasen) unter Umgehung ventilierter Areale in den arteriellen Kreislauf bringen, also Rechts-Links-Shunts. Der physiologische Shuntanteil beträgt beim Lungengesunden bereits zwischen 3 und 8 % des aortalen Auswurfvolumens.  Aufgrund der Ausschaltung der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion durch Volatila wie Desfluran erhöht sich der Shuntanteil bereits beim Lungengesunden unter Narkose auf 10-15 % ! Höhere Shuntvolumina im Bereich zwischen 20-30% sind kaum mehr zu kompensieren, gerade bei Patienten mit Hypoxieintoleranz bei Herzinsuffizienz. 30% stellen die Grenze überlebbarer Shuntvolumina dar. Ergo: es gibt Shunts und Defekthämoglobin, deshalb keine 100%.


Achtung! Jetzt folgt der Nerdanteil:

Das ungefähre relative Shuntvolumen QS/Qt (Shuntvolumen/Herzzeitvolumen) lässt sich annähernd für eine FiO2 von 1,0 nach Berggren berechnen. Dabei steht C (“Content”) für den Sauerstoffgehalt in a – arteriellem, v – gemischtvenösem und c – pulmonalkapillärem Blut.

QS/Qt [%]        = ([CcO2 – CaO2] / [CcO2 – CvO2]) x 100%

Wir benötigen 2 Blutabnahmen, resp. BGAs aus gemischtvenösem (zentralvenösem) und arteriellem Blut. Aus den Werten (Hb, SiO2 und pO2) berechnen wir den Sauerstoffgehalt gemischtvenösen und arteriellen Blutes. K steht für den Löslichkeitskoeffizienten (hier für Partialdrücke in mmHg 0,0031):

CaO2 = Hb [g/dl ] x 1,34 x arterielle SiO2 + (arterieller pO2 x K)

CvO2 = Hb [g/dl ] x 1,34 x gem. venöse SiO2 + (gem. venöser pO2 x K)

Der pulmonalkapilläre Sauerstoffgehalt lässt sich im Alltag nur ungefähr berechnen.

CcO2 = Hb [g/dl ] x 1,34 x pulmonalkap. SiO2 + (pulmonalkap. pO2 x K)

Vereinfachend gehen wir davon aus, dass der pulmonalkapilläre Sauerstoffpartialdruck dem alveolären entspricht:

PcO2 = PAO2

Der PAO2 berechnet sich über die Alveolargasgleichung:

PAO2 = (Patm-PH2O) x FiO2 – (PaCO2/RQ)

wobei der Atmosphärendruck Patm mit 760 mmHg angenommen wird, der Sättigungsdruck des Wasserdampfes PH2O 47 mmHg beträgt und der atmend aus der Alveole aufgenommene Sauerstoffanteil über den Respiratorischen Quotienten (ca. 0,8 beim Gemischtköstler) aus dem arteriellen PaCO(BGA) berechnet wird.

Nun berechnen wir den pulmonalkapillären Sauerstoffgehalt. Vereinfachend nehmen wir ein Sättigung von 100 % an

CcO2 = Hb [g/dl ] x 1,34 x pulmonalkap. SiO2 + (PAO2 x K)

In obige Gleichung eingesetzt erhalten wir den prozentualen Shuntanteil.


Der Shuntanteil ist der alveolo-arteriellen Sauerstoffdifferenz direkt proportional, eine Faustregel lautet also:

QS/Qt = AaDO2/20 bei FiO2 1,0 und  PaO2 >150 mmHg

die AaDO2 berechnet sich als

AaDO2 = PAO2PaO2 = [(Patm-PH2O) x FiO2 – (PaCO2/RQ)] – PaO2

Nur falls man es mal für die europäische Prüfung braucht…

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