BOA reboot: Atmung 1 – Lungenvolumina

LungVolumeHach, was wäre die Prämedambulanz ohne Tonnen an Vorbefunden, die wieder keiner versteht. Das Spirometriezeugs bei der Vorbereitung auf lungenresezierende Eingriffe oder bei Asthmatiker, COPDler und Co. gehört sicher zu den Beliebtesten… schauen wir sie uns also heute etwas genauer an, die Lungenvolumina und die sog. dynamische Größen (z.B. FEV1):

Und wer unterwegs aussteigt merke sich wenigstens, dass die FRC = RV + ERV und bei 35 ml/kg liegt, der Totraum bei 2 ml/kg und dass O2 10mal schlechter diffundiert als CO2.

Erstmal zur Begriffsverwirrung: Volumina sind Raumgrösen, also üblicherweise Liter oder Kubikzentimeter. Der Liter Milch wäre eins. Kapazitäten sind Summen von Volumina, z.B. die funktionale Residualkapazität aus Residualvolumen und expiratorischem Reservevolumen oder um bei den Getränken zu bleiben: die White Russian Kapazität besteht aus 2 cl Wodkavolumen plus 1 cl Kahluavolumen. Gern auf Eis.

Nun zu den relevanten Grössen:

Vitalkapazität (VC) – die VC ist das maximal mobilisierbar Lungenvolumen, gemessen nach maximaler langsamer Expiration und folgender maximaler langsamer Inspiration, also gilt: VC = AZV+IRV+ERV; 70 ml/kg

Tidal-/ Atemzugsvolumen (AZV/VT) – VT ist das Volumen eines normalen Atemzugs bei normaler Ruheatmung für In-/Expiration; 6-8 ml/kg

Inspiratorisches/ Expiratorisches Reservevolumen (IRV/ ERV) – ERV u d IRV sind Volumina, die nach normaler Ruheinspiration oder -expiration noch ein- oder ausgeatmet werden können. Das ERV ist für uns wichtig bei der Präoxygenation (siehe FRC)

Residualvolumen (RV) – das RV ist das Gasvolumen, das nach maximaler Expiration in der Lunge verbleibt. Das RV ist spirometrisch nicht zu bestimmen und muss über Verdünnungsverfahren bestimmt werden. Für uns wichtig bei der Präoxigenation (siehe FRC).

Totale Lungenkapazität (TLC) – Summe aus Vitalkapazität und Residualvolumen, es gilt: TLC = VC + RV

Funktionelle Residualkapazität (FRC) – Volumen, das nach normaler Expiration in der Lunge Verbleibt, es gilt: FRC = ERV + RV; 35-40 ml/kg

Die FRC ist dabei der Raum, den wir im Rahmen der Präoxygenierung als Sauerstoffreservoir für die folgende Apnoe unter Intubation benutzen. Wir sprechen von Denitrifikation, weil v.a. Stickstoff mit fast 70% Raumluftanteil ausgewaschen wird. Geht man von einem 75 kg schweren Patienten aus, so ergibt sich eine FRC von etwa 2,6 l. Bei einem Ruhesauerstoffbedarf von 3,5 ml/kg/min verbraucht unser Patient diese 2,6 l also innerhalb von 10 Minuten – unter Idealbedingungen!

Die FRC sinkt in Narkose (Höhertreten des Zwerchfells durch Relaxierung), Übergewicht, Schwangerschaft…

Closing Volume/ Closing Capacity – Volumen, unterhalb dessen sich die kleinen Atemwege schliessen. Es gilt: CC = CV + RV. Die CC nimmt mit dem Alter zu und ist lageabhängig. Ab dem 40. Lebensjahr erreicht die CC die FRC im Liegen (=Kollapspunkt, ergo mehr Shunt = weniger O2 im Blut), ab dem 70. im Stehen, d.h. hier kommt es zum Verschluss der kleinen Atemwege mit Neigung zur Atelektasenbildung bereits bei normaler (!) Expiration.

Einsekundenkapazität/ Forciertes Expirationsvolumen FEV1 – das maximal innert einer Sekunde expirable Volumen. Für eine Pneumonektomie gelten 2,5l als ausreichend, für eine Lobektomie 1,75l und für Segmente 1,5l. Die Untergrenzen für die geschätzte  Rest-FEV1 durch Perfusionsermittlung liegt für die genannten Eingriffe etwa bei 1l für die Pneumonektomie und 0,8l für die Lobektomie.  Normalerweise wird aus FEV1 und FVC ein Quotient berechnet und liegt bei 75% der Vitalkapazität.

FEV1%=FEV1/FVC = 75%

Dieses Verhältnis nimmt v.a. bei obstruktiven Erkrankungen ab, obwohl i.d.R. sowohl die VC als auch die FEV1 abnehmen. Wenn bei v.a. restriktiven Erkrankungen die FVC sinkt, so kann das FEV1/FVC normal bis erhäht sein!

PEF/ Fluss-Volumen-Diagramm – schaut man sich Fluß-Volumenkurven an, so liegt auf der x-Achse das totale Lungenvolumen TLC bei 0, das Residualvolumen RV im positiven, also rechts davon, je in (m)l. Wir betrachten also auf der x-Achse das sich im Expirium verändernde mobilisierbare Lungenvolumen zwischen TLC und RV.

Auf der y-Achse finden wir Flußraten, also den Volumenstrom in l/s. Im Positiven liegt die Expitation, im Negativen die Inspiration. Beginnt nun die Ausatmung kommt es zu einem steilen Aufstrich (viel Flow, noch wenig Volumenänderung). Den höchsten Punkt markiert der der peak expiratory flow PEF mit normalerweise 8-10 l/min. Nach dem Gipfel sinkt die Kurve stetig Richtung RV bis auf Null. Etwa auf der Hälfte der Strecke zeigt sie einen ‘Knick’. Mit Erreichen des RV beginnt die Inspiration mit ihrem boxförmigen Verlauf und maximalen Flußraten um 4-6 l/min. Oft werden MEF25, 50 und 75 bestimmt, also der maximale expiratorische Fluss bei 25, 50 und 75% der VC, dabei sind MEF25 und MEF50 wohl unabhängig von der Ausatemkraft. MEF25 isoliert vermindert spricht für einen Elastizitätsverlust kleiner Atemwege – ein typischer Raucherbefund.

Was kann ich nun herauslesen?

  1. maximale Flowraten – die Idealkurve gibt bei forcierter Expuration die maximalen Raten an, selbst bei anfänglicher Zurückhaltung ist es nicht möglich sozusagen später mehr rauszudrücken. Steigt nämlich der intrathorakale Druck an, so kommt es zu einer dynamischen Atemwegskompression, die die Ausatmung behindert
  2. Obstruktion vs. Restriktion
    1. Obstruktion: PEF reduziert, TLC oft erhöht, RV gesteigert, Kurve deformiert (schneller Abfall, stärker konkav), Inspiration oft unverändert
    2. Restriktion: TLC reduziert, RV idem, PEF reduziert, aber ähnlicher Kurvenverlauf wie normal.

Diffusionskapazität – bei der DLCO (diffusion capacity lung CO) fragen wir uns letztlich, wie effektiv Gas via Alveolarmembran und Kapillarendothen an die Erys kommt. Je fibrotischer und ödematöser desto weiter die Diffusionsstrecke, desto schlechter die DLCO. Üblicherweise wird die DLCO normiert und als Prozentrang ausgedrückt, alles über 75% ist gut. Normwerte für O2 (etwa wie CO) und CO2: O2 15-20 ml/mmHg/min,  CO2 150–250 ml/mmHg/min. Nota bene merken: CO2 diffundiert 10-20 mal besser als O2.

Totraum – der anatomische Totraum subsummiert die Bereiche des Respirationstrakts, die mangels Diffusionskapazität nicht am Gasaustausch teilnehmen, also Larynx, Pharynx, Trachea, Hauptbronchien, Bronchien und Bronchioli bis zur 16. Generation (ab dort beginnen Bronchioli respiratorii mit Alveolen); VD 2 ml/kg

Der Anteil am Tidalvolumen ist etwa 0,3, dieser steigt mit steigender Atemfrequenz und macht die Atmung zunehmend ineffektiv. Direkt messbar ist der Totraum nicht, wird jedoch über die Bohrgleichung via den Kohlendioxidanteil berechnet.

Ein Kommentar

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.