Nun, im Alltag ist das etCO2 allgegenwärtig… schließlich steht es ja gut sichtbar auf den Displays unserer Beatmungsmaschinen im OP, zunehmend auch auf der Intensiv und im Rettungsdienst. Warum? Einer meiner Oberärzte hat mal gesagt, wenn er sich für einen einzigen Messwert entscheiden müßte, wäre es das etCO2. Schauen wir also mal hin, was wir damit anfangen können.
Zunächst einmal ist uns die Kapnometrie vertraut. Normokapnie lesen wir im Lehrbuch, sei der Normalbereich des pCO2 . Dieser läge bei 35 bis 45 mmHg. Haben wir noch eine etwas ältere Anzeige stehen auch gern einmal Volumenprozent da, für die Normokapnie lägen wir bei etwa 4,9-6,3 Vol%*. SI-Adepten nehmen kPa und lägen zufällig mit 4,7-6,0 kPa auch etwa da.
Soweit, so gut. Wir wissen also, dass, ist dieser Wert während einer Beatmung erreicht, hinsichtlich des CO2 Normoventilation gegeben ist – per definitionem. Wir orientieren uns mit den Einstellungen von Tidalvolumen VT und Atemfrequenz AF so, dass weitgehend Normokapnie herrscht. Wir wählen dabei sinnvolle Werte für VT und AF . VT muss relevant höher liegen als der Totraum (VD = 2 ml/kg in allen Altersklassen) um Gasaustausch erst möglich zu machen, in aller Regel gilt etwa VT = 6-8 ml/kg. Die dazu passende Atemfrequenz liegt im Normbereich zwischen 10 und 15 Atemzügen pro Minute, bei Kindern auch im Bereich zwischen 20 und 30, darüber wird das Verhältnis von notwendigem Volumenstrom und Zeit zunehmend ungünstig.
Gelegentlich nehmen wir eine permissive Hyperkapnie in Kauf. Beim Kapnoperitoneum, beim Asthmatiker und COPDler, die an höhere Werte adaptiert sein können. Allgemein nimmt man die Schwelle zur CO2 Narkose, also dem Moment wo die chemischen Veränderungen v.a. im Bereich des Säure-Basen-Haushalts zu Bewusstseinstrübungen führt bei etwa 60-70 mmHg an. Real tolerieren wir fast alles, solang der pH über 7,2 liegt.
Nebenbei bemerkt führt komplette Apnoe zu einem Anstieg des paCO2 von etwa 12 mmHg/ min in der ersten Minute, dann von 3,5 mmHg in jeder weiteren (Anesthesiology 1961;22:419, J Clin Anesth 1989;1:328).
Neben der numerischen Anzeige des CO2 sehen wir auch noch eine Kurve des CO2-Verlaufs. Im wesentlichen ist sie in der Inspiration eine Nulllinie (dank des vorgeschalteten Absorbers gelangt kein CO2 in den Patienten), in der Expiration sehen wir einen typischen boxförmigen Verlauf. Es werden 4 Phasen unterschieden. Aus der Nulllinie der Inspiration setzt Phase I ein. Totraumvolumen – das nicht am Gasaustausch teilnimmt – ohne CO2 wird abgeatmet, im Übergang zu Phase II durchmischt sich dieses zunehmend mit alveolärem Gas – es kommt zu einem steilen Aufstrich, in Phase III entleert sich nur noch alveoläres Gas, es kommt zum maximalen Anstieg, dem etCO2 , welches wir als Zahlenwert kennen. Mit Phase IV setzt die Inspiration ein, es kommt zu einem raschen Abfall auf die Nulllinie.
Die typische Konfiguration zeigt wiederum typische Veränderungen bei pathophysiologischen Vorgängen. Dabei ist zu beachten, dass Kreislaufreaktionen genauso Einfluß auf das Kapnogramm haben, wie beatmungsrelevante Veränderungen.
Ganz am Anfang steht die Intubation, hier sagt uns die typische Form des Kapnogramms, ob wir richtig liegen mit unserem Tubus “CO2 kommt!”. Intubieren wir den Ösophagus bleibt die typische Kurvenform aus. Ja, auch wenn der Patient Cola getrunken hat.
Hypotonie und Hypertonie äußern sich durch eine gleichmäßige Senkung, resp. Erhöhung des etCO2, die Kurvenform ist dabei nicht verändert. Identisch ist das Bild bei relativer Hyperventilation/ Hypoventilation. Bei Hypothermie an eine grundsätzlich reduzierte CO2-Produktion denken! Eine zügige Reduktion des paCO2-Niveaus bei unauffälliger Konfiguration über wenige Atemzüge kann Zeichen einer fulminanten Lungenembolie sein. Dabei kommt mangels Perfusion kein CO2 mehr an den Alveolen an, nur das im FRC gespeicherte Rest-CO2 wird ausgewaschen. Auch eine akute Minderperfusion bei schwerer Blutung oder akuter Herzinsuffizienz kann sich so darstellen.

Ein akuter Abfall auf Nullniveau ist am ehesten Ausdruck akuter Verlegung des Atemweges oder einer Diskonnektion.
Schwankungen in der Plateauphase sind meist Thorax-/ Zwerchfellbewegungen geschuldet, das kann einsetzende Eigenatmung bedeuten oder aber ein lieber Kollege der Chirurgie turnt auf dem Thorax.

Sägezahn-/ Haifischkonfiguration – also eine verzögerte Abatmung von CO2 deuten auf eine Obstruktion bei Asthma oder COPD hin, auch ein allergisches Ödem mit Obstruktion würde sich so zeigen. Selten steckt hier eine unvollständige Cuffhernie dahinter.

Ein Anstieg der Nulllinie bei sonst unauffälliger Konfiguration spricht für ein Erschöpfen des Absorbers.
Welche Einflüsse aber hat die Höhe des paCO2 im klinischen Alltag? Nun zunächst besteht ein Zusammenhang zwischen paCO2 und dem Gefäßtonus. Hyperkapnie führt zur Vasodilatation v.a. cerebraler Gefäße, Hypokapnie führt zu Vasokonstriktion. So kann eine milde Hyperventilation (30-35 mmHg) kurzfristig zur Hirndrucksenkung eingesetzt werden. Genauso kann jedoch eine Hypokapnie unter 32 mmHg zu vasokonstriktorisch bedingter Minderversorgung in stenotischen Hirngefäßen führen.
Letztlich hat der paCO2 einen direkten Einfluß auf den pH, so führt Hyperventilation zu einem kurzfristigen pH-Anstieg, Hypoventilation zu einem pH-Abfall. Physiologischerweise kompensiert der Körper z.B. metabolische Azidosen durch vermehrte CO2-Abatmung.
Hatte der Oberarzt nun recht. Nicht Unrecht vielleicht, denn wir erfahren aus der Kapnometrie einige abzuwägende Einzelheiten zu Kreislauf und Ventilation. Letztenendes ist die Kapnometrie auch ein wichtiger Faktor zur Beurteilung der erfolgreichen Intubation und hinsichtlich einer Hypo- oder Hyperventilation. Nicht umsonst hält sie immer weiter Einzug in Rettungsdienst und Intensivstation.
[…] in- und endexpiratorisches Kohlendioxid als Partialdruck (mmHg oder kPa, meist auch graphisch als Verlauf dargestellt) und sie zeigen die gängigen Volatila (aktuell v.a. Desfluran, Sevofluran) als […]
[…] in- und endexpiratorisches Kohlendioxid als Partialdruck (mmHg oder kPa, meist auch graphisch als Verlauf dargestellt) und sie zeigen die gängigen Volatila (aktuell v.a. Desfluran, Sevofluran) als […]
Guter Artikel über das Thema Kapnographie