GON/LON

ULTRASCHALLBILDER FOLGEN!

GON und LON sind nun keine biblischen Heere à la Gogh und Magogh sondern die anglophonen Varianten sensibler Nerven zur Versorgung des Hinterhaupts… ergo kennt man sie in DACH als Nn. occipitales major et minor – GON – Greater Occipital Nerve als major und LON – Lesser Occipital Nerve als minor, was den beiden in der Realanatomie nicht immer ganz geläufig ist, dazu aber später

GON kommt aus C2 und ist sein Ramus dorsalis. Er versorgt den Longissimus, Semispinalis und Splenius capitis beim Durchtritt motorisch und das Hinterhaupt sensibel.

Der LON entstammt dem Plexus cervicalis, rekrutiert sich aus C2 und C3 und versorgt sensibel das laterale Hinterhaupt und die Retroaurikularregion (am hinteren Ohrmuschelbereich zusammen mit dem Auricularis magnus).

Als WWA (Wald- und Wiesenanästhesist) erster Güte kennt man LONny noch als Begleiter der Nn. supraclaviculares am Punctum nervosum, wo sie mit dem dicken und damit gut schallbaren Auricularis magnus (Crassus? 🙂 ) und dem Transversus colli als Quartett durch die Generalfaszie schlupfen und wir sie für die wache Schulterchirurgie betäuben.

GON finden wir palpabel arteriell begleitet (wer hätte es gedacht, von der paaren A. occipitalis) medial der Mastoide und paravertebral am Hinterhaupt.

Den Schmerzdocs unter euch sind die Gebrüder Occipitalis als infiltrative Ziele bei Occipitalneuralgie, Clusterkopfschmerz, cervicogenem Kopfschmerz und Migräne ein Begriff. Das Schöne an den beiden ist die Tatsache, dass man sie anhand anatomischer Landmarken mit dem Ultraschall so schön finden kann ohne wieder 5-mal sprudelnd in die Occipitalis (oder mal viae falsae in die nicht so selten anatomisch aberrant syphonartige Vertebralis) zu jubeln.

Drei Orte gibts ultraschallanatomisch zu durchdringen: Hinterhaupt (1a) und das oblique durchschallte Niveau C2 (1b) für GON und das Punctum nervosum am Hinterrand des Sternocleidemastoideus (2) für LON.

Aber erstmal brauchen wir noch ein wenig Anatomie. Die Muskulatur des dorsalen Halses zu lernen, hat ja mal wieder was aspergerhaftes, es hilft aber nix, wir müssen sie kennen, also: oberflächlich liegen medial Trapezius und lateral Sternocleidomastoideus: einmal von Clavicula, Acromion und Spina zu Protuberantis occipitalis und Ligamentum nuchae, bzw. den Dornfortsätze (T) und einmal von mittlerer Clavicula und Manubrium sterni von vorne also zur Aussenfläche des Mastoids (S). In der Lücke zwischen beiden schauen wir zugegebenermassen eher theoretisch auf Splenius und Semispinalis.

Schält man also den Trap im Geiste ab, schaut man erstmal auf den Splenius capitis, der vom hinteren Mastoid nach medial zur kaudalen Hälfte des Ligamentum nuchae und den Dornfortsätzen von C6 bis etwa T4 zieht.

Wenn wir den Splenius capitis abnehmen zieht lateral der Levator scapulae vom Tuberculum posterior von C1, bzw. den Querfortsätzen von C2 bis C4 zur medialen Scapula, der stört noch beim freien Blick, ebenso wie Fasern des Splenius cervicis mit dem selben Ursprung und dem Ansatz an unterer HWS/ oberer BWS. Im Ultraschall werden uns diese zwei kaum betreffen.

Vom Hinterhaupt kommend liegt jetzt aber wie ein Dreieckswimpel der Semispinalis capitis vom Occiput zu den Transversi bis T10 zwischen uns und den geraden und schrägen Nackenmuskel – dem Ziel unseres Aspergertums. Hier dazwischen liegt übrigens auch unser Zielnerv, der GON…

Nehmen wir den auch noch weg, bleibt ein für unsere Schallerei sehr wichtiges Orientierungswerkzeug – zwei gerade und zwei schräge Nackenmuskeln je Seite zwischen Hinterhaut und den Fortsätzen C1 und C2: Mm. recti capitis posteriores major et minor und Mm. obliqui capitis superior et inferior. Erstmal kürzen wir auf Recti major et minor. Der Minor liegt innen (mInor und Innen) also medialer und läuft vom Hinterhaupt zum kümmerlichen Tuberculum posterius von C1 (‘atlantis’). Etwas lateraler dann zieht der Rectus major vom Hinterhaupt zum dicken und meist gespaltenen Spinosus von C2. Noch lateraler zieht dann der Obliuus superior zum Querfortsatz C1/ des Atlas. Zuletzt spannt sich der Obliuus inferior zwischen eben diesem Querfortsatz C1 und dem Dornfortsatz C2. Wer mich jetzt hasst: Wir brauchen von den vieren später eigentlich auch nur den Obliquus inferior. Sorry.

Nach diesem Wahnsinn wird es jetzt aber ganz einfach:

(1a) GON occipital Was sehen und suchen wir? Orientierung bietet die Arteria occipitalis. Die stammt aus der Carotis externa und kommt nachdem sie zwischen Atlasquerfortsatz und Processus mastoideus hindurch und dann fast horizontal unter Sternocleidomastoideus, Splenius capitis und Longissimus capitis über das Hinterhaupt gelaufen ist, plötzlich im Trapezius paramedian durch die Faszie um dann vertikal verästelnd das Hinterhaupt zu bedienen. Hier tritt auch der Occipitalis major durch Splenius Capitis und Trapezius durch. Wir suchen also auf der Linea nuchae etwas paramedian einfach mit dem Doppler unsere Arterie und machen hier entweder den berühmten planlosen periarteriellen LA-Donut oder stellen den Nerv dar und anästhesieren gezielt.

Idealerweise wird nun auf dieser Seite das Hinterhaupt taub. Da das Ganze oft etwas unelegant mangels Darstellbarkeit des Nervs zur Karlsruher Fächertechnik ausartet, gibt es den eleganteren Ansatz auf Niveau C2:

(1b) GON auf Niveau C2. Ich lege den Schallkopf so an, dass ein Ende am Mastoid und ein Ende am Processus spinosus C2 oder auf einer Linie zwischen beiden liegt. Idealerweise liegt nun unser ja von C2 median nach C1 paramedian ziehender Obliuus inferior als parallel zum Schallfenster gefaserte Struktur ziemlich exakt auf dieser Linie. Darüber findet sich ein Bindegewebszwickel in dem eine ovaläre Struktur läuft… unser GON. Wenn ich hier mal nichts, sehe ist das nicht so schlimm, da diese Bindegewebsscheide zwischen Obliquus und Semispinalis das LA zumeist an den GON trägt. Für Neurolysen mittels Kryo oder Radiofrequenz bräuchte es aber etwas genauere Lokalisation. Falls man übrigens ein doppeltes Oval über oder unter dem Semispinalis sieht oder zwei Ovale nebeneinander, liegt das am geschlängelten Verlauf an dieser Stelle um und durch den Semispinalis (und den darüber folgenden Splenius capitis, Trapezius…). Nicht alle ovalären Strukturen lateral im Bild sind GON! Die Vertebralis und ggf. deren Syphons und aberrante Verläufe nicht unterschätzen! Dopplern und NICHT anstechen (wie ja auch den GON eigentlich nicht)… Schlaganfälle in der hinteren Schädelgrube verschlechtern extrem den gesunden Nachtschlaf – des Interventionalisten. Spass beiseite: Extrem vorsichtig bleiben.

(2) LON am Punctum nervosum nuchal. Der Erb’sche Punkt (nein, nicht der am Herz) liegt am Hinterrand des Latissimus dorsi. Wenn wir den hoch und runterfahren, also den Hinterrand, dann sehen wir eine ovaläre Struktur plötzlich über diesen Rand in die Tiefe absteigen – den Auricularis magnus auf seinem Weg durch die Faszie. Hier treten auch noch der gesuchte Occipitalis minor, der Transversus colli (sensibel zur Kehlhaut) und die Nn. supraclaviculares (zur Haut über der Schulter und oberhalb der Klavikel) aus. Hier kann man nun prima sein Depot platzieren und es werden idealerweise die Ohren taub… also häutig jetzt, nicht tonal.

PS zum Thema minor und major und Konfusion… Je nach Innervationsmuster sind die Anteile individuell und der ‘Kleine’ macht mehr Fläche… zur Schmerztherapie diagnostisch also beide anvisieren!

PPS Nicht wundern, wenn eure Patienten andere Symptomlösungen beschreiben, Effekte auf Kopfdruck, Depression, Anspannung, Tinnitus und ähnliches werden beschrieben…

PPPS – Die USRA folgte einem etwas anderen und doch gleichen Vorgehen. Hier fängt man occipital in der Mittellinie an, identifiziert die Protuberatia occipitalis externa, fährt dann median nach kaudal, identifiziert den Schallschatten des Atlas, der ja keinen echten Spinosus trägt, sich also als Bogenschatten darstellt, fährt weiter bis man in der Mittellinie den typischerweise gespaltenen/ zweiteiligen Spinosus des Axis findet und gleitet dann nach lateral bis man am lateralen Ende seines Schallschattens den Obliquus inferior (OCIM soll obliquus capitis inferior muscle heissen) vermutet. Da dreht man nun das laterale Ende seines Schallkopfes etwas nach kranial und landet in-plane in den parallelen Fasern des Obliquus auf der Linie zwischen Transversus C2 und Mastoid/ Occiput. Same, same, but different… Der GON liegt nun eben typischerweise als schwarzes also hypoechogenes Oval zwischen OCIM und SScM (was hier zwischem Obliquus inferior und Semispinalis capitis heissen soll). By the way… das deutlich grössere oval bis rundliche Bobbelom unter dem OCIM ist die Nervenwurzel C2… NICHT anpiecksen, gelle?

Ultraschallbilder folgen.

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