Entgegen einer häufig geäußerten Vermutung besteht der Schädelinhalt der meisten Menschen nicht aus Luft oder Vakuum, sondern im wesentlichen aus Hirnmasse, Liquor und v.a. venösem Blut etwa im Verhältnis 9:1 von semifestem zu flüssigem… Da der Raum recht begrenzt ist, kommt es nach anfänglicher Verdrängung von Liquor und Blut bei Volumenzunahme zügig zu knackigen Druckanstiegen. Die Hyperbel, die wir kriegen, wenn wir hier Volumenanstieg gegen Druck auftragen, sagt: anfangs kompensieren wir intrazerebrale Volumenzuwächse mit wenig Druckanstieg, am Ende reicht wenig Volumenzunahme für knackigen und dann lebensbedrohlichen Druckanstieg. Damit wäre hier kurz die sog. Monroe-Kelly-Doktrin erklärt, also die intracerebrale Volumen-Druck-Funktion im abgeschlossenen ‘Kasten’ des knöchernen Schädels.

Warum steigt der Druck? Weil eines der drei Kompartimente im Schädel Volumen zulegt: Hirn durch Ödem oder Tumor, Blut durch Hyperämie oder Hämorrhagie oder Liquor v.a. durch Abflussstörungen.
Wenn der Druck steigt, verdrängt dieser erstmal den Liquor aus den Ventrikeln, zunehmend auch das Blutvolumen, ggf. mit Ischämie und schliesslich das Hirn nach kaudal, entweder durchs Tentorium oder ins Foramen magnum. Da wirds dann für Kleinhirn, Medulla und Hirnnervenkerne (sichtbar für uns durch weite Pupillen, wenn der Oculomotoriuskern druckbedingt ausfällt) schwierig. Deshalb kostet’s in dem Moment Koordination, Atmung, Kreislaufregulation und Pupillomotorik.
Der intrakranielle Druck wirkt auf die Gefässe, übersteigt er den mittleren arteriellen Druck ist’s Essig mit der Hirnperfusion, der cerebrale Perfusionsdruck geht dann gegen Null, ergo Ischämie.
CPP = MAP – ICP
Wir hätten gern den CPP oberhalb 50 mmHg, den normalen ICP um 15 mmHg, kurzfristige Spitzen durch Husten oder Pressen sind normal. Den ZVD, den wir dem ICP zurechnen, also dem MAP abziehen müssten, ignorieren wir mit normalerweise 8-12 mmHg. Im Liegen kann er relevant sein, im Stehen oder halbsitzend kommt er kaum zum tragen (nochmal kurz: 10 cmH2O sind ca. 7 mmHg, heisst von 8-12 mmHg ZVD abzüglich 20-30 cm Wassersäule (also 14-21mmHg) zwischen rechtem Vorhof und Circulus villisii, bzw. Bulbus venae jugularis (etwa auf Höhe des äusseren Gehörgangs) bleibt nüscht über).
Klinisch sehen wir neben Übelkeit und Kopfschmerz, Bewusstseinsstörungen bis zum Verlust des selbigen, zunehmend ggf. weite Pupillen, am Ende ohne Lichtreaktion, generell den Verlust von Hirnstammreflexen, Streck- und Beugesynergismen und intermittierende Pyramidenbahnzeichen.
Diagnostisch ist v.a. das CCT im Vordergrund, für Hirndruckverläufe ggf. Hirndrucksonden… der Nachteil letzterer ist ihre Invasivität und Fehleranfälligkeit, Vorteil die Möglichkeit für Samples, schnelle Liquordrainage und den Echtzeitdruckverlauf. Idealerweise legt man sowas dafür intraventrikulär, also in die Vorderhörner der Seitenventrikel. Regionale Druckanstiege entgehen einem dabei eventuell erstmal, z.B. wenn die Sonde supra- im Ventrikel liegt, es aber infratentoriell drückt.
Steigt nun der Druck und wir hätten das gern akut reduziert, muss man sich erstmal klarmachen, warum’s drückt. Läuft kein Liquor ab, braucht’s ne Drainage, blutet’s oder gibt’s nen Tumor nen Chirurgen und schwillt’s ödemig, braucht’s Anästhesisten oder Intensivisten zur u.a. medikamentösen Hirndrucktherapie:
- Oberkörper 30° hoch für besseren venösen Abfluss, Kopf geradeaus, damit nix abklemmt
- CPP > 50-70 mmHg, also MAP hochnormal z.B. vorsichtig mit Noradrenalin, ICP runter, cave auch Hyperperfusion/ Hypertonie verstärkt ein Hirnödem
- Normoxie & Vermeidung Hyperkapnie, also paO2>60 mmHg (ca. 90%, 8kPa), paCO2 35-38 mmHg (4,7-5,1kPa)
- intermittierend Hyperventilation ad paCO2 30-32 mmHg (4,0-4,3 kPa) zur passageren Vasokonstriktion der CO2-reagiblen Hirngefässe, damit sinken Blutvolumen und ICP, es kann aber zu Umverteilungsphänomenen in verletzte Areale kommen!
- Temperaturmanagement <37,5°C ‘Normothermie’
- Volumenthetapie ohne hypoosmolare Lösungen, z.B. also keine Glucose 5% (nach Metabolismus ‘reines Wasser’, das als Ödem ins Gewebe wandert.) Ziele: Normotonie, Diurese 0,5-1 ml/kg/h)
- Sedierung mit Propofol, Benzodiazepinen, Opioiden bis zum isoelektrischen EEG mit Barbituraten (cave RR-Abfall, eher mit EEG) (ggf. unter kontrollierter Beatmung mit Ketamin): weniger neuronale Aktivität führt zu weniger Sauerstoffverbrauch, weniger Hirnperfusion und damit zu weniger Ödem
- Vermeiden von Pressen und Husten (ggf. Relaxierung) als Hirndrucktrigger, z.B. bei Intubation & Lagerung
- Mannitol 15%/20% als intermittierendes Osmodiuretikum, Anschlagzeit 5-15 Minuten, 0,25-1 g/kg, max. 4g/kg/d, cave Plasmaosmolalität > 320 mosmol/kg macht tubuläre Nekrosen! Da das ganze immer nur kurzfristig wirkt und dann erstmal eine Karenz braucht, wäre im Bedarfsfall die Abwechslung mit Glycerosteril 10% (das es aber in der Schweiz z.B. nicht mehr gibt) möglich, auch hier muss die Serumosmolarität kontrolliert werden! Herstellerseits sind 1,78 ml/kg alle 6h empfohlen, maximal 7,14 ml/kg/24h. Für 70 kg sind 1,78 ml/kg übrigens etwa 125 ml.
- Keine Kortikoide im Trauma, sie scheinen die Mortalität zu erhöhen, ggf. Kortikoide vor/nach TumorOP.
- Ggf. Liquordrainage (cave! aus Ventrikeldrainagen! Eine forcierte lumbale LP kann flussbedingt zur Einklemmung führen!)
- Ultima ratio: chirurgische Dekompression