Rippenserienfraktur mit Atemwegsgefährdung

Ein sehr freundlicher Patient hat mir erlaubt, dieses GIF seiner Traumaspirale für die Veranschaulichung eines nicht ganz immer so apparenten Problems des Pneumothorax/ traumatischen Emphysems zu nutzen. Ein herzliches Dankeschön dafür!

Was wir klinisch finden, sind Schmerzen des rechten Hemithorax, eine Prellmarke der Schulter und ein abgeschwächtes Atemgeräusch nach Sturz mit behelmtem Kopfanprall auf die rechte Schulter, bzw. Thoraxhälfte. Eine Bewusstlosigkeit oder Amnesie wird glaubhaft verneint.

Das klinische Bild passt auch zum Untersuchungsbefund mit abgeschwächtem Atemgeräusch rechts, Krepitationen auf Höhe der Mamille rechts und einem “Blistergefühl” im Bereich des lateralen Halsdreiecks und der Thoraxwand rechts als Ausdruck des beginnenden Hautemphysems. Zugrunde liegen Frakturen der 4. bis 6. Rippe.

Der Pneumothorax bringt seine typische Klinik mit, darüber will ich aber gar nicht reden, die Therapie dürfte auch jedem klar sein: Entlasten mittels Thoraxdrainage. Auch an mögliche Komplikationen des Spannungspneumothorax denken wir ja alle. Woran aber keiner denkt bei diesem hübschen B-Problem Pneumothorax ist das in diesem Fall drohende A-Problem!

Dieser spezielle Patient fiel uns nämlich durch eine zunehmend nasale Sprache auf, durch progredient behinderte Nasenatmung und ein Globusgefühl. Stridor war keiner aufgetreten. Die Oxygenierung unter Raumluft, im Verlauf unter 2 Litern unproblematisch stabil. Der Halsumfang nahm im Zusehen zu.

Was sehen wir auf dem Bild?

Nun zunächst sehen wir auf Höhe der Thoraxwand rechts ein flächiges Haut-/ Weichteilemphysem. Dieses breitet sich nach kraniomedial entlang des Mediastinums und der Trachea am Kehlkopf vorbei bis zu Schädelbasis und Kieferwinkel (soweit geht das Bild…) aus. Nasale Sprache und Globusgefühl beruhten auf Lufteinlagerungen der Halsweichteile und Schleimhäute!

Der Blick in den Mund zeigte unauffällige Verhältnisse, eine Spiegelung erfolgte mangels Stridor und stabiler Oxygenierung nicht. Der Airwaywagen inklusive CMAC begeleitete uns aber auf unserem Weg durch den Traumaalgorithmus.

Glücklicherweise zeigte sich im Verlauf nach Drainage kein Progress der Symptomatik und der Patient konnte die Intensivstation zügig wieder verlassen.

Ein rasch progredientes Emphysem der Halsweichteile könnte aber schnell zu einer unmöglichen Intubation führen! Hier heisst es alert genug sein und entsprechendes Material vorbereiten, um mit zunehmendem Stridor noch rechtzeitig zu intubieren, bevor der muköse Vorhang fällt. Und nota bene… im emphysematischen Hals zu koniotomieren kann auch mal schnell schwierig werden…

In diesem Zusammenhang auch bei besagtem Unfallmechanismus ein paar Dinge für das Hinterkopf:

  • Frakturen der Clavikula und der 1. Rippe sollten als High Impact Muster an eine Gefässverletzung der dazwischen verlaufenden Sublaviae und Nervenwurzeln denken lassen – Perfusionsstörungen (Pulse/ Rekapillarisierungszeit) – CT-Befund/ Angio-CT?
  • Zeichen der oberen Einflusstauung (gestaute Halsvenen, Stridor, blaurötlicher Kopf ) sollten an einen akut raumfordernden Prozess wie Emphysem, Spannungspneu, Herzbeuteltamponade oder andere akute mediastinale/ thorakale Blutung denken lassen. Auch eine Carotisdissektion kann neben ihren zirkulatorischen und neurologischen Folgen durch raumfordernde Blutung schnell zu einem A-Problem werden.
  • Der Helm war eingedellt, der Mann neurologisch unauffällig, dennoch auf Oto- oder Rhinoliquorrhoe oder Blutungen aus dem Meatus acusticus externus, ggf. einseitigen Hörverlust achten, die allesamt auf eine Schädelbasisfraktur hindeuten können, dazu gehören auch Monokel– oder Brillenhämatome (“Racoon Eyes”… also Waschbäraugen 🙂 ), Augenmotilitätsstörungen, Doppelbilder und Fehlbiss bei Instabilitäten im Mittelgesicht.
  • Eine Kopfverletzung muss an HWS-Verletzungen denken lassen! Auch mit Helm! Schluckstörungen, Stridor und Heiserkeit v.a. bei hoher peripherer Neurologie können auf ein zugegebenermassen seltenes prä-/ perispinales Hämatom bei bisher klinisch inapparenter Wirbelfraktur hindeuten….

So… das war ein bisschen an Zebras denken, wenn man Hufgetrappel hört… trotzdem interessant…




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