BoA ist Edutainment, kein Lehrbuch! BoA dient der Unterhaltung und Information und keinesfall als Anleitung für medizinisches Handeln, weder von Laien noch von medizinischem Fachpersonal. Die Grundlage medizinischen Handelns muss immer die Expertise entsprechend zugelassener Behandler auf der Basis profunder durch ein Studium und adäquate Praxis erworbener Kenntnisse in Union mit der Anleitung durch entsprechend geschulte Fachkräfte im sicheren Rahmen einer medizinischen Einrichtung sein. BoA kann und will das nicht leisten.
Michel
“Der Patient in der 4 hat noch kein Wasser gelassen nach der Spinalen” ‘Ähm, das ist 6 h her!?’… und nu? Ist Otto nu anurisch, vesikoplegisch oder spannt sich das Bläschen mangels Abfluss bereits wie ein Medizinball im Becken aus und überdehnt platzensreif die dünne Blasenwand? Fragen über Fragen, die uns ein paar einfache Schritte schnell beantworten.
- Patient fragen. Druck im Unterbauch, Harndrang, Schmerz? Kann er/sie?
- Monitor fragen. Tachykardie, Hypertonus? Tatsächlich ist ein neu auftretender therapierefraktärer Hypertonus oft genug mit einem Harnverhalt und nicht primär mit Schmerzen vergesellschaftet. Gerade demente Patienten können uns nicht über ihre Misere aufklären. An`s Bläschen denken!
- Patient anfassen. Wenn man die Melone über der Symphyse schon tastet, wird die Blase wohl voll sein
- Und natürlich ist der Goldstandard unser Freund in allen Lebenslagen: Ultraschall!
Nun, wie schallt man die Blase und wie quantifiziert man, was drin ist? Also, erstmal den Sektorschallkopf (das ist der mit der gewölbten Oberfläche und den niederen Hertzangaben) in die Hand nehmen, denn das ist bereits ein Abdominalschall mit einer gewissen Tiefe, v.a. wenn das Wohlstandsbäuchlein ein wenig über dem Gürtel steht, Stichwort Muffintop.
Dann suchen wir die Symphyse, die wir in der Regel auch unter erwähntem Speckmantel finden und sagen unserem Patienten, dass es jetzt gleich arg drückt. Denn das sollte es, sonst sehen wir nichts. Zurückhaltung macht blind, heisst, den Schallkopf satt aufdrücken! Die Orientierung der Schallebene ist zunächst transversal oberhalb der Symphyse und wir schwenken den Schallkopf einfach etwas auf und ab, schauen uns also im kleinen Becken um. Kommt dann eine dunkle Struktur mit etwas Schallverstärkung kaudal ins Bild wird’s wohl die volle Blase sein. Treibt darin eine runde Zyste rum, haben wir den Cuff des offensichtlich verstopften Katheters gefunden, den wir eventuell ebenfalls sehen und bei voller Blase dann durchgängig machen – also anspülen sollten. Manchmal ist auch einfach nur die Katheterklemme zu… Liegt da nur der runde Ballon ohne Blasenfüllung, ist die Blase leer und der Patient anurisch oder der Beutel wurde falsch abgelesen. Ja, auch daran muss man denken.

Aber eine Frage zum Detailwissen… wie voll ist voll? Wo liegt ein normales Blasenvolumen und wann ist die Blasenwand überdehnt?

Nun zunächst müssen wir die Blase ja dem Volumen nach ausmessen. Einen ideale Kugel hätte das Volumen:
Kugelvolumen VK=4/3 π⋅r3
Nun ist unsere Blase im besten Fall ein Ellipsoid mit den Radien (Halbdurchmessern) a, b, c
Ellipsoidvolumen VE=4/3 π⋅a⋅b⋅c
Wir messen also 3 Durchmesser der Blase in Tiefe T, Breite B (im Transversalschnitt) und Höhe H (im Sagittalschnitt) über der Symphyse. Dazu müssen wir den Schallkopf einmal um 90 Grad drehen. Grob orientierend messen in ganzen Zentimetern reicht. Dann berechnen wir:
VB=4/3 π⋅T/2⋅B/2⋅H/2 also
VB=1/6 π⋅T⋅B⋅H
und wer es einfach mag, denkt sich angesichts der Messungenauigkeit π als etwa 3 und kommt auf die
Daumenregel Blasenvolumen: VB=1/2⋅T⋅B⋅H [in ml]
Und wo liegt jetzt so ein normales Blasenvolumen?
Nun, das ist alters- und geschlechtsabhängig, für uns dürfte auf die Gefahr hin, dass mich die urologische Zunft gleich verdammt, als Orientierung für die Obergrenze normal tolerabler Füllung 400-500 ml (also cm3) gelten, die Blasenkapazität erreichen wir gegen 1000 ml/ cm3.
Über 500 ml plus Klinik für nen Harnverhalt (‘Nix geht’): Katheter!
Ob Einmal- oder Dauerkatheter hängt von verschiedenen Parametern ab. Ambulant vs. Stationär? Dement? Agitiert? Vorerkrankung mit Risiko der Re-Stauung? (Prostatiker, neurogene Blasenstörungen, etc…) und, und,und.
PS: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Bei Eingriffen über 2 Stunden und erwartetem Volumenumsatz lohnt der intraoperative Katheter fast immer. Dann aber bitte vorab darüber aufklären! (Schmerz, Verletzung, HR-Striktur, Blutung, Infekt, etc…)
PPS: Wenn man schon weiss, dass es schwierig wird (Stichwort fussballgrosse Prostata) besser den Urologen rufen und nen Thiemannkatheter (der mit dem Rüsselchen) in 14 oder 16 richten. Narbige Harnröhrenstrikturen sind leider häufiger als uns lieb ist. Ach ja, sanft… so eine Via falsa ist eine durchaus unschöne und folgenreiche Komplikation.
PPPS… liebe Freunde der Spitzfindigkeit, ja, ihr habt recht, wenn die Blase sich im Schall wie eine Schachtel darstellt, dann ist auch LxBxH legitim… tut sie aber MEIST NICHT, ZEFIX!
Kleine Anmerkung zum PPS: Bei Männern und schwieriger Katheteranlage am besten einen Thiemann-Katheter (abgeknickte, konische Spitze) für den Urologen richten (wenn man einen hat und der Urologe nicht selbst einen mitbringt).
Upsi, danke!
[…] Die Wanne ist voll… die Blase auch? […]