BoA ist Edutainment, kein Lehrbuch! BoA dient der Unterhaltung und Information und keinesfall als Anleitung für medizinisches Handeln, weder von Laien noch von medizinischem Fachpersonal. Die Grundlage medizinischen Handelns muss immer die Expertise entsprechend zugelassener Behandler auf der Basis profunder durch ein Studium und adäquate Praxis erworbener Kenntnisse in Union mit der Anleitung durch entsprechend geschulte Fachkräfte im sicheren Rahmen einer medizinischen Einrichtung sein. BoA kann und will das nicht leisten.
Michel

Lustig, es gibt Dinge, die hat man jeden Tag vor Augen und doch hat man keine Ahnung, was sie bedeuten… Fragt man z.B. mal so eben unvoreingenommen “Na, passt der RA-Katheter durch ne grüne Viggo/Braunüle/Venüle?” und bumms… ratlose Gesichter… Katheter und anderes Geschläuch hat ja nu so ganz unhandliche Einheiten… z.B. obengenanntes “G”… das nebenbei gesagt für “Gauge” steht und dann auch noch “Gäitsch” (also ein englisches ‘gage’) ausgesprochen wird… oh Mann.
Also – wir sprechen über Gauge, French, Charrière, also v.a. über sinnlose aber alltägliche Altmaße aus Zeiten, als SI nur ein affirmatives italienisches Wort war.
Wir sprachen ja ganz am Anfang mal über Venülen und ihre Flussraten. Dabei fällt auf, dass diese hübschen Picksedinger mittels G-Werten bemaßt werden. Der Internisten-ZVK in rosa ist dann also die 20G Braunüle, 22G ist blau, 18G ist grün. 18 G ist übrigens auch das Maß der gängigen Tuohy-Nadel (auch mal 17 oder 20 G, selten 21 G), durch die – oh Wunder – ein 20G-Katheter passt, was mal eben unsere Frage beantwortet. Erklären müssen wir sie trotzdem noch kurz. Zum Beispiel warum ne 18G-Nadel dicker ist, als ne 20G-Nadel (PS für die hardcore Anästhesisten unter euch, ja, es gibt auch 18G, 20G und 22G, nicht nur 16G grau und 14G orange!).
Alla: Gauge ist eine Masseinheit. Wer hätte das gedacht. Sie geht zurück auf ein Mass für amerikanische Drahtwaren, die AWG – American Wire Gauge. Deshalb wird die Zahl auch immer grösser, je kleiner unsere Nadel wird, denn der Bezug ist die Anzahl der Durchgänge des Drahtes durch eine Zugmaschine, die den glühenden Draht verlängert und damit ausdünnt. Jetzt hat ein Mensch tatsächlich die Durchmesser von gedehntem Draht und Draht davor in Bezug gebracht und die entstehende Formel (natürlich in Zoll…) führt uns zu einer Formel, die ich aus Illustrationszwecken mal eben bei Wikipedia geklaut habe… wir sehen, es gibt Dinge, die liest man aus ner Tabelle ab… reale Durchmesser in mm bei nach Gauge bemaßten Venenverweikanülen beispielsweise.

Hübscherweise fällt einem auf, dass Braun seine Braunülen heutzutage mit ganzen mm für ID (Innendurchmesser) und AD (Aussendurchmesser) bemisst und dass zumindest die kleinen G`s also grossen Kanülen prima ineinanderpassen und eben auch der übliche 20G-Katheter durch die grüne Braunüle (18G).
- blau (22G) – AD 0,9 ID 0,6
- rosa (20G) – AD 1,1 ID 0,8
- grün (18G) – AD 1,3 ID 1,1
- grau (16G) – AD 1,7 ID 1,3
- orange (14G) – AD 2,2 ID 1,7
Plötzlich liebt man andere sinnlose, aber berechenbare Einheiten wieder. Charrière zum Beispiel. Das sind Drittelmillimeter. Also 1 CH = 1/3 mm. Und wer hat’s erfunden? Genau, ein Schweizer. Joseph Frédéric Benoit Charrière ein Apparatebauer im 19. Jhd. Was messen wir damit? Aussendurchmesser von Sonden und Kathetern, von Urinkathetern beispielsweise. 14CH/ 16CH… da rammt man dann eben ein Schläuchlein mit 4,666 oder 5,333 mm Aussendurchmesser die Hauptwasserleitung des Vergnügungszentrums hoch.
French ist dann übrigens Charrière für sprachlich Unbegabte. Also genau dasselbe, ein Mass für den Aussendurchmesser von Sonden und Kathetern und auch hier gilt: 1Fr.=1/3 mm.
Ach ja, so ne nette Thoraxdrainage hat ja gern mal n Aussendurchmesser von 20 oder mehr French… man mache sich bewusst, dass 6,66 mm schon recht knackig sind und wähle entsprechend…
Und wiedermal: es ist 2020… SI-Einheiten, hallo?
Vielen lieben Dank für deinen Artikel.
Gespickt mit deinem Humor hat er mir nicht nur Wissen vermittelt sondern mich auch mehrfach zum lachen gebracht. Weiter so!