Schlüssel & Schloss… ein paar Rezeptoren für den Alltag…

Key, Keyhole, Lock, Security, Unlock

Pharmakologie, das ist auch Rezeptortheorie… nur, sind wir ehrlich, aus dem Stehgreif die physiological pathways herunterleiern? G-Proteine? Ionophor? Transmembrandomäne? Bei mir in der Aus- und Weiterbildung oft Fehlanzeige. In der Praxis funktioniert`s ja zugegebenermassen auch ohne diese netten Details. Hier aber dennoch eine kleine Übersicht zu den wichtigsten unserer Alltagsrezeptoren. Damit habt ihr schon ne recht gute Basis für gemeine Fragen beim DESA.

  • Opioidrezeptor
  • GABA-Rezeptor (A)
  • NMDA-Rezeptor
  • nikotinerger Acetylcholinrezeptor
  • muskarinerger Acetylcholinrezeptor
  • Adrenozeptoren

Jeder erinnert sich dunkel an G-Proteine aus der Physiovorlesung, n`est-ce pas? Und keiner kann`s sauber erklären… leider müssen wir uns das für die Rezeptoren nochmal hervorkramen:

Also – es geht um Signaltransduktion. Ein Ligand bindet an einen Rezeptor. G-Proteingekoppelte Rezeptoren sind typischerweise heptahelical, haben also 7 Transmembrandomänen. Konformationsänderung des Rezeptors nach Ligandenbindung führt zur Anlagerung und Aktivierung des dazugehörigen G-Proteins, welches innen an der Plasmamembran in der Nähe des Rezeptors hängt. Diese gibt es je nach Funktion in verschiedenen Formen als Gi, Gs, Gq und G0. G-Protein heisst erstmal nur GTP-bindendes Protein.

Aktivierung heisst nun, dass das an die α-Einheit gebundene GDP durch GTP (Guanosindi-/triphosphat, also so`n Energieträger) ausgetauscht wird, was zum Zerfall des G-Proteins führt. G-Proteine sind im wesentlichen aus 3 Subeinheiten aufgebaut: α, ß, γ. Wenn diese in typischer Art auseinanderfallen, bleiben zwei second messenger übrig: der ßγ-Komplex und GTP/α

Unsere erwähnten Subtypen Gi, Gs, Gq und G0 wirken nun entweder an der Adenylatzyklase stimulierend (Gs) oder inhibierend (Gi) oder an der Phospholipase C aktivierend (Gq). G0 stellt eine Mischform mit verschiedenen Wirkungen u.a. direkt an Kinasen, Calcium-, Kalium- und Natriumkanälen dar.

Die Adenylatzyklase macht aus ATP cAMP, was zyklisches Adenosinmonophosphat bedeutet. cAMP aktiviert Proteinkinasen, welche wiederum durch Phosphorylierung verschiedene Effektorproteine aktivieren.

Die Phospholipase C spaltet Phosphatidylinositol-bisphosphat in Diacylglycerin (DAG) und Inositoltriphosphat IP3. Hatte ich erwähnt, dass ich Biochemie gelegentlich hasse? DAG stimuliert nun wiederum eine spezifische Phospholipase C und ermöglicht die Aktivierung der Phospholipase A2 und von Calmodulin. Calmodulin aktiviert die CaM-abhängige Kinase… ähm… lassen wir das…

IP3 bindet über spezifische Rezeptoren an Calciumkanäle und aktiviert zur Freisetzung grosser Mengen von Calcium. Endlich ein kurzer Effektorweg.

In der Summe bleibt zu bemerken, G-Proteingekoppelte Rezeptoren vermitteln über second messenger verschiedene metabotrope, intrazelluläre Signalkaskaden.

Ligandengesteuerte Ionenkanäle hat man da doch viel lieber: Da bindet ein Ligand an einer dafür vorgesehenen Bindungsstelle, was eine Konformation des Kanalproteins auslöst, die zur Öffnung (oder Schliessung) desselben führt. Wunderbar. Je nach Ion geht`s dann eher Richtung Depolarisation oder Membranstabilisierung. So kurz, so knackig. Einfach Schlüssel-Schloss-Prinzip.

Und nun zu unseren Lieblingsrezeptoren:

1 – Opioidrezeptoren

Opioidrezeptoren sind alle G-Protein-gekoppelte Rezeptoren. Also wie erwähnt heptahelical. Die wesentlichen Typen sind μ, κ und δ mit jeweils unterschiedlichen Verteilungsorten und Wirkmechanismen. Wir schauen heute nur auf`s μ.

Präsynaptische μ1-Rezeptoren sind Gi-Protein-gekoppelt. Sie wirken also inhibitorisch auf die Adenylatzyklase: cAMP sinkt, die Proteinkinaseaktivität sinkt, weniger Calciumkanäle werden zur Aktivität phosphoryliert, der Calciumeinstrom nimmt ab und da Calcium wesentlicher Cofaktor der Transmitterfreisetzung ist, kommt es entsprechend zu einer Inhibition der Transmitterfreisetzung. μ1 vermitteln die spinale und supraspinale Analgesie, so wie Euphorie und Miosis

Postsynaptische µ2-Rezeptoren erhöhen den Kaliumaustrom aus der Zelle durch Erhöhung der Öffnungswahrscheinlichkeit von Kaliumkanälen, was zu einer Hyperpolarisation und damit Stabilisierung des Membranpotentials führt. Sie vermindern die Reaktion auf ein erhöhtes pCO2 und führen damit zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Atemdepression und Apnoe. Gastrointestinal bedingen sie eine relative Parese.

Unsere gängigen Liganden sind in der Anästhesie ausnahmslos reine Agonisten. Wichtig zu wissen ist, dass Partialantagonisten wie Buprenorphin aufgrund ihrer Rezeptoraffinität nur schlecht mit reinen Antagonisten wie Naloxon oder Naltrexon antagonisiert werden können.

2 – GABAA-Rezeptor

Unser liebster Freund unter den Rezeptoren bietet die Angriffsfläche für Propofol und Midazolam. Er ist ein ligandenaktivierter Ionenkanal. Genauer gesagt ein Chloridkanal. Chlorideinstrom führt hier zu einer Membranstabilisierung und damit sinkenden Erregbarkeit der Zelle.

Vom Aufbau bietet er 5 Untereinheiten mit je 4 Transmembrandomänen, am häufigsten in der Kombination der Monomere ααββγ. Endogener Ligand ist γ-Aminobuttersäure oder GABA. Der Bindungsort liegt extrazellulär an der Grenze der Untereinheiten αβ. Unsere Pharmaka modulieren lediglich die Wirkung von GABA am Rezeptor, was die grosse therapeutische Breite erklärt. Einzig Barbiturate und Alkohol können in hohen Dosen den Rezeptor selbst aktivieren. Propofol (wie auch Etomidate und Isofluran) wirkt v.a. über die β3-Einheit, Benzodiazepine über verschiedene Bindungsstellen der α-Einheit. Der klinisch verfügbare Benzodiazepinantagonist Flumazenil bindet analog zu den Benzos an den Benzodiazepinbindungsstellen der α-Einheiten.

3 – NMDA-Rezeptor

Der N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor ist zunächst ein ligandenaktivierter Ionenkanal. Auffällig sind die multiplen Bindungsstellen am tetramer aufgebauten Ionophor. Jede Untereinheit besteht wiederum aus 4 Subdomänen. Endogene exzitatorische Liganden sind Glutamat und Glycin. Eine Kombibindung führt zur Aktivierung des Kanals mit Natrium- und vor allem Calciumeinstrom und Kaliumausstrom. V.a. der Calciumeinstrom bedingt eine neuronale Übererregbarkeit. Führend sind aber die Einflüsse auf verschiedene Signaltransduktionskaskaden. Zur Kanalöffnung ist eine partielle Vordepolarisation nötig. Magnesium, welches den ruhenden Kanal blockiert, wird dabei entfernt, erst dann ist ein Ionenstrom über den Kanal möglich. Aufgrund der Kombination von Spannungsabhängigkeit und den metabolisch relevanten Claciumflussraten wird ein Zusammenhang mit Lernprozessen und allgmein Neuroplastizität auch vor dem Hintergrund chronischer Schmerzen diskutiert. Klinisch in Anwendung sind verschiedene Antagonisten. Ketamin bewirkt dabei v.a. eine dissoziative Psychose mit Analgesie und Distanzierung. Amantadin ist ein antiparkinsonoid wirksames Medikament und Memantin gehört zu den Antidementiva. Sie wirken jeweils von kanalseitigen Kindungsstellen.

4 – Nikotinerger Cholinozeptor

n-Cholinozeptoren sind uns v.a. als postsynaptisch im Bereich der motorischen Endplatte gelegene ligandengesteuerte unspezifische Ionenkanäle bekannt, wo sie für die neuromuskuläre Kopplung, also den Übergang vom AP des Nerven zum Membranpotential der Muskelzelle sorgen. Weiterhin finden sie sich postganglionär in sympathischen und parasympathischen Ganglien.

Vom Aufbau her sind es zylindrische aus 5 Einheiten aufgebaute Transmembranproteine mit dem Muster αγαβδ. Die gleichzeitige Bindung von 2 Acetylcholinmolekülen an den Bindungsstellen der α-Einheiten führt zur Aktivierung. Sie sind vor allem für Natrium und Kalium durchlässig, dienen also eben der Depolarisation. Neben Acetylcholin gibt es zahlreiche Liganden des n-Cholinozeptors im klinischen Einsatz, unsere bekanntesten Freunde sind primäre Antagonisten (Benzylisochinoline, also Atracurium, Mivacurium oder Steroidderivate wie Pancuronium, Rocuronium, Vecuronium, also nichtdepolarisierende Muskelrelaxantien) oder Agonisten, wie das Succinylcholin als depolarisierendem Muskelrelaxans. Sie benutzen dabei idente Bindungsstellen wie das Acetylcholin.

5 – Muskarinerger Cholinozeptor

Der m-Cholinozeptor ist wiederum ein G-Proteingekoppelter welcher. m-Cholinozeptoren finden sich an den Erfolgsorganen des Vegetativums im parasympathischen Schenkel. Im wesentlichen laufen die Kaskaden je nach Subtyp in der Kaskade über IP3 und DAG (M1, 3, 5) oder als Gi über die Adenylatzyklasehemmung und Öffnung von Kaliumkanälen (M2,4). Präsynaptische Rezeptoren modulieren (hemmend) so auch die Acetylcholinfreisetzung.

6 – Adrenozeptoren

Adenozeptoren sind allesamt G-Proteinvermittelte Rezeptoren. Sie finden sich ubiquitär an den Erfolgsorganen sympathischer Aktivierung in unterschiedlichem Verteilungsmuster. Je nach Subtyp finden sich folgende Kaskaden:

  • α1-Adrenozeptor: IP3,, DAG
  • α2-Adrenozeptor: Gi/ cAMP-Abfall, Anstieg Kaliumleitfähigkeit, Abfall Calciumleitfähigkeit
  • ß1/2-Adrenozeptor: Gs/ cAMP-Anstieg



3 Kommentare

  1. […] Der Sympathikus stammt aus den Thorakalsegmenten Th1 – Th4. Präganglionär gehts aufwärts zu den cervicalen Grenzstrangganglien, den Ganglia cervicale superior/ cervicale medius und cervicale inferior. Von dort als postganglionäre Fasern als distinkte Nervi cardiaci (cervicales) superior/ medius und inferior dorsal der Carotis abwärts zum Plexus cardiacus und zu Sinus- und AV-Knoten, Purkinjefasern und Vorhof- wie Ventrikelmyokard. Die Wirkvermittlung geschieht hier über Noradrenalin via β1-Adrenozeptoren. […]

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