Also. Die Lunge dient dem Gasaustausch. CO2 raus, O2 rein.
Im Rahmen des Lungenversagens (ARDS) sind beide Funktionen in unterschiedlichem Masse beeinträchtigt. Während eine Hypoxie mit dem Leben nur bedingt vereinbar ist, ist zumindest bis zu einem pH von 7,2 eine permissive Hyperkapnie möglich. Da es sich um primär invasiv beatmete Patienten mit entsprechender Sedierung handelt, sind die zunehmend plegischen Effekte des pCO2 auf das Atemzentrum ja zunächst einmal vernachlässigbar.
Im Rahmen der üblichen Beatmungsbemühungen beim z.B. schweren ARDS ist ein Zielparameter ein paO2 über 8,0 kPa, bzw. 60 mmHg. Damit also eine Sättigung über 90%.Patienten, die für eine ECMO indiziert werden, erreichen diese Werte in der Regel nicht mehr oder nur unter invasiven Beatmungsformen ausserhalb der empfohlenen lungenprotektiven Beatmung mit den deletären Effekten auf die Prognose.
In meinem Kopf war ECMO ein ultimatives Lungenersatzverfahren – Lunge platt, ECMO dran – so einfach ist es aber nicht. Sie ist ein supportiv-substitutives Verfahren. Zum einen erlaubt sie die Sicherung der Oxygenierung und Decarboxylierung im Lungenversagen und schafft damit Zeit für die Therapie der Grunderkrankung, zum anderen ist es möglich eine an sich ja auch schädigende Beatmung in ihrer Invasivität zu reduzieren, also z.B. Tidalvolumen, Sauerstoffanteil und Drücke zu reduzieren and damit eine Ventilator-assoziierte Lungenverletzung (VALI) zumindest zu reduzieren. Gleichzeitig ist es möglich additiv zur Spontanatmung z.B. vor Transplantation den Patienten zu bridgen. Während die venovenöse (vv) Form der Gasaustauschverbesserung dient, kann die venoarterielle Form mit entsprechenden Pumpen auch als Zirkulationsassistenzsystem genutzt werden (also das Herz unterstützen).
In der Summe ist die Indikation zur vvECMO also:
- schwere anders nicht zu therapierende Hypoxämie (Ox.Index <100 mmHg)
- nicht kontrollierte Hyperkapnie mit pH <7,2 unter adäquater Ventilation (n. ARDS network)
- hochinvasive Beatmung mit exzessiven Drücken >35(-45) mbar
Relative (als salvage Verfahren ist es immer Abwägungssache) Kontraindikationen gibt es auch:
- Wir bauchen eine positive Prognose, ein Ziel. Das kann im schweren Verlauf die Transplantation sein. Dann nutzen wir das ganze zum Bridging. Langfristige (>7d) hochinvasive Beatmungsmuster (hohe Drücke, hohe FiO2) lassen an der Prognose der unterliegenden Lunge zweifeln.
- eine fortgeschrittene pAVK macht die nötige Kathetereinlage femoral ggf. unmöglich, z.B. nach Bypässen.
- Da für die niederen Flussraten bei viel Fremdflächenkontakt trotz Heparinbeschichtung eine ausreichende Antikoagulation nötig ist, sind KI der Antikoagulation auch die der ECMO (frisches Trauma, Operation, Z.n. kürzlichem Stroke, etc.).
- Tumorleiden und Immunsuppression müssen zumindest kritisch erwogen sein, zum einen im Hinblick auf das outcome (schwere Morbidität postECMO zu erwarten), zum anderen auch hinsichtlich üblicher Komplikationen
- entsprechendes gilt für Alter, Gewicht, Diabetes und andere übliche Risikofaktoren
Wie ist nun so eine vvECMO aufgebaut?
Der zentrale Dreh- und Angelpunkt ist wie gesagt der Membranoxygenator. Vereinfacht gesprochen simulieren wir den Diffusionsprozess von O2 und CO2 entlang der alveolokapillären Grenzschicht – Blut strömt auf der einen Seite entlang der Oxygenatormembran, während auf der anderen Seite entsprechend ein Gasgemisch (FGF “fresh gas flow”) vorbeiströmt. Historisch gesehen kamen verschiedene Verfahren Gas und Blut zusammenzubringen zum Einsatz. Anfangs gab es direkten Kontakt von Blut und Gas im Sinne einer Durchströmung bei sog. bubble oxygenatoren. Heute trennen Schichten verschiedener Kunststoffe Gasphase und Bluphase. Das Blut-Gas-Interface bestand aus silikonbasierten Kunststoffen und ist heute vor allem Polymethylpenten (PMP), beschichtet mit Heparin zur Reduktion der Gerinnungsaktivierung, was eine geringere systemische Antikoagulation ermöglicht und kaum Plasmaleckage erlaubt.

Zur Einheit hin führen Leitungen für den Transoxygenator-Blutfluss, den Frischgasfluss (in der Regel O2) und Leitungen zum Wärmetauscher, so er flüssigkeitsbasiert funktioniert. Eine Pumpe mit Steuereinheit versorgt das ganze mit Patientenblut. Alle Teile sind in der Regel heparinbeschichtet, was die nötige Antikoagulation zu reduzieren hilft.
Woher kommt nun unser Blut und wohin geht es zurück?
Wir entnehmen Blut aus der Vena cava (inferior), typisch ist hierbei ein femoraler Zugang. Die Rückgabe erfolgt dann vor das rechte Herz, hier kann man ebenfalls femoral eingehen oder aber jugulär. Eine ausreichender Auswurf via Lunge und dann lävokardial nach peripher ist also notwendig (im Gegensatz zur vaECMO)! 2-Lumenkanülen erlauben eine gewisse Sicherheit im Abstand von Ansaugort und Eingabe was die Minimierung von Rezirkulationsvolumen angeht, ausserdem reduziert die Tatsache, dass es eine Einstichstelle gibt (typ. jugulär) das Infektionsrisiko (ortstypisch & geringere Gewebetraumatisierung).
Daumendick is die… auch wenn der schweizerische Milkaopa nicht mehr zur deutschen Werbelandschaft gehört, dennoch gilt, die Kanülen sind ordentlich dimensioniert zwischen 17 und 23 French (5,7-7,7 mm Innendurchmesser). Entsprechend ist eine US-kontrollierte Anlage und regelmässige Lagekontrolle klar angezeigt. Aufgrund der Leitungslänge besteht eine relative Dislokationsgefahr und aufgrund der Beweglichkeit steigt gerade femoral das Risiko für Infektionen.
Was stell ich ein und warum? Was muss ich messen, einstellen, kontrollieren?
Um das zu beantworten, muss man wissen was man erreichen will.
Stufe 1: OxBF vs FGF – “Oxgenierung braucht Blutfluss – Decarboxylierung FGF”
Steht die Oxygenierung im Vordergrund, liegt unser Fokus auf dem Blutfluss über den Oxygenator.
- Oxygenierung ~ Blutfluss via Oxygenator
- mindestens 0,5-1,5 l/min Transoxygenator-Blutfluss, entspr. 10-15 ml/kg/min für Oxygenierung, meist dtl. höher!
- für die Decarboxylierung genügt ein Blutfluss </= 0,5-1,5 l/min
Diese Werte sind Richtwerte. Letztlich entscheidet das Verhältnis von Sauerstoffangebot und -bedarf. Man orientiert sich hierbei auch am HZV. Der Transmembranfluss sollte für eine suffiziente Oxygenation über 60% des HZV liegen. (bei 70 ml SV und 60 bpm bei 70 kg Patient entspräche das bereits 36 ml/kg/min (HZV 60 ml/kg/min) oder 2,5 l/min (HZV 4,2 l/min), limitierend sind auch die Maximalen Flussraten der gängigen Systeme von 7-10 l/min). Miteinbeziehen in die Betrachtung muss man auch rezirkulierendes Blutvolumen, das die Oxygenationsleistung beeinträchtigt*). Insgesamt gilt auch hier, dass neben dem erreichbaren Partialdruck auch der Hb-Gehalt für eine Steigerung des O2-Angebots garantiert. Entsprechend würde man den Hb auch vor dem Hintergrund restriktiver Gabe in einen Bereich >/= 10 mg/dl heben.
Ist unser Fokus die Decarboxylierung, so achten wir primär auf dem Frischgasfluss.
- Decarboxylierung ~FGF
- 1-10 l/min FGF zur ausreichenden Decarboxylierung nötig
- für die Oxygenation genügt ein FGF bis zu 1 Liter
Stufe 2: ECMO braucht Antikoagulation
Unser System ist beschichtet um das knackige Thromboembolierisiko zu reduzieren. TE-Risiko heisst nicht nur Thrombose und Embolie im Patienten, Herzinfarkt, Lungenembolie, Schlaganfall, sondern vor allem auch Lumenverlegung, Pumpenblockade, Druckschwankungen und Maschinenalarm. Aus Gründen des Seelenfriedens verabreichen wir zusätzlich UFH – unfraktioniertes Heparin mit ZielPTT 40-60s, bzw. ACT bis 1,5-fach. Dennoch sind thomboembolische Pumpen-/ Leitungsprobleme bei um 20% der Patienten zu sehen. Dem gegenüber stehen natürlich auch wiederum Blutungen des Patienten, am häufigsten im Bereich der Einstichstellen und der Lunge…
Eine Nebenbemerkung zur heparininduzierten Thrombopenie. Die Umstellung auf Argatroban bei Verdacht, bzw. dauernde Gabe bei Bestätigung ist Usus. Ein Wechsel der gesamten Einheit aufgrund der multiplen Probleme mit Blutverlust, Unterbruch, Dislokation, u.ä. ist Ermessenssache. Es sei nur gesagt, dass es Systeme gibt, die nicht mit Heparin beschichtet sind (dann allerdingsandere Maschine, anderer Hersteller…)
Stufe 3: Rezirkulation
Woran man zunächst nicht denkt, ist die Gefahr einer Rezirkulation von oxygeniertem Blut zwischen Ansaug- und Rückführungsöffnung. Bei 2-Lumenkanülen ist der Abstand fix vorgegeben, bei getrennten Leitungen sollte der Abstand etwa 10 cm betragen. Das Ausmass der Rezirkulation lässt sich qualitativ beurteilen, in dem man Sättigungen von verschiedenen Entnahmeorten vergleicht. Zunächst sollte einem klar sein, dass sich Entnahmeort und Rückgabe im selben Gefäss befinden – im Schnitt ist mit etwa einem Drittel Rezirkualtionsvolumen zu rechnen. Entsprechend werden mit der vvECMO auch nur Sättigungen um 80-85% erreicht! Steigt das Rezirkulationsvolumen (z.B. durch Annäherung der Lumenöffnungen intravasal) so sind für die Oxygenierung höhere Blutflüsse nötig – bei stabiler Einstellung sinkt also die erreichte Sättigung. Wichtige Einflussparameter sind hier Blutvolumen und Gefässtonus – sinkt einer von beiden, steigt das Rezirkulationsvolumen. Hinweise auf eine zunehmende Rezirkulation bietet der Vergleich von SpreoxO2 und SpostoxO2(Sättigung vor/ nach dem Oxygenator) und SvO2 des Patienten. Höhere SpreoxO2 sprechen für Rezirkulation. Berechnen kann man`s als Fraktion mit:
(SpreoxO2 – SvO2) / ( SpostoxO2 – SvO2 ) [Norm < 30%]
Bei akutem Abfall der Sättigung auch an die Rezirkulation denken, ggf. Volumen nachschütten, den Hb sinnvoll anheben und/ oder primär vasoaktive Katecholamine geben.
Stufe 3: Laböre
Hier treffen sich Ziele und Komplikationen.
Zunächst gibt es eine gewisse Mauser an Erythrozyten und Thrombozyten durch mechanische Schädigung an System und Pumpe (–> BB), hierdurch und durch die Fremdoberflächen kommt es zu einer Gerinnungsaktivierung mit Thrombenbildung und Faktorenverbrauch, gleichzeitig benötigen wir zur Vermeidung von Thrombosen und Embolien eine Heparinisierung mit Ziel-PTT zwischen 40-60 s, je nach Anwender auch eine ACT mit 1,5-facher Verlängerung (–> Q, aPTT, ACT, ggf. Antithrombin bei Heparinversagen, Fibrinogen, D-Dimere…). Aufgrund der Heparinbelastung auch bei relevanten Thrombozytenverlusten an eine mögliche HIT-II denken (–> HIPA/AKS).
Die BGA zur Therapiesteuerung versteht sich denke ich von selbst. Vergleichsmessungen der Partialdrücke oder Sättigungen zur Rezirkualtion hab ich oben bereits erläutert. Achten sollte man gerade in den ersten 48 h auf eine therapiebedingte akute Nierenschädigung (–> HS, Crea, K…).
Moment… ECMO… Zentrumsintensivstation des Maximalversorgers… ihr bestimmt ja sowieso alles…
Und die Beatmung unter ECMO?
Die Endstrecke des ARDS ist ein compliancegemindertes System insuffizienter Alveolen mit Atelektasenneigung in einem reduzierten Gefässbett. Kleine Tidalvolumina passen bei hohen Drücken mühsam hier hinein und haben wenig Effekt. Das Stichwort ist “baby lung”.
Unsere Beatmungsbemühungen führen zu Überdehnung, Fehlverteilung, Mediatorenaktivierung und weiterer Verschlechterung . Je höher die Tidalvolumina, Drücke, die FiO2 und je mehr Zyklen zwischen Atelektase und Wiedereröffnung die Alveolen erleiden müssen, desto schlechter die Prognose. Terragni konnte 2009 zeigen, dass eine Reduktion der Tidalvolumina auf unter 3 bis 4 ml/kg IBW dieses Biotrauma deutlich reduzieren kann. Hinsichtlich der Invasivität und der Drücke liesse sich die Lunge auch komplett ruhigstellen. Ob das im Hinblick auf ventilatorassoziierte Pneumonien und das spätere weaning sinnvoll ist (Stichwort Zwerchfell-/ Interkostalhypotrophie und Atelektasenbildung und -konsolidierung) sei in Zweifel gestellt. In Extremfällen wäre das aber möglich. Man mache sich aber bewusst, dass unter ausreichender Oxygenierung via ECMO durchaus auch bereits eine Beatmungsentwöhnung möglich ist. Es ist also durchaus möglich den Patienten wach spontanatmend an der ECMO zu führen (ggf. via Trachealkanüle).
Am Schluss drehen wir alles ab…
….sukzessive und patientenabhängig. Weanen wir von der ECMO gibt es verschiedene Herangehensweisen, gespiegelt an der Primärproblematik und den beiden Hauptoparametern FGF und Blutfluss.
Nehmen wir einmal an unser Spontanatmer an der Maschine ereicht brauchbare Werte (VT bis 6 ml/h, PEEP zwischen 5 und 10 mbar, ne FiO2, die allmählich sinnvoll erscheint (<60%) und normale Spitzendrücke (also bis 30 bar) – dann könnte man ja – ausreichende Oxygenierung vorausgesetzt daran denken, die ECMO zurückzunehmen: Wir erinnern uns FGF korreliert mit CO2, OxBF mit der Oxygenierung. Ich kann also entweder den FGF zurücknehmen um zu sehen, ob CO2 ausreichend abgeatmet wird oder den FGF via ECMO aussetzen um auch die Oxygenierung zu beurteilen, ich kann aber auch alternativ den Pumpenfluss zurücknehmen und hierbei v.a. die Oxygenation im Auge zu behalten – besser justierbar dürfte letzteres sein.
ECCO2R
Die kleine Schwester der ECMO ist die ECCO2R – die extrakorporale CO2-Elimination. Wir haben oben gelesen, um CO2 loszuwerden brauchts nur minimale Blutflüsse via Membran zwischen 0,5-1,5 l/min. Dafür brauchts einen FGF zwischen 1-10 Litern. Soll heissen, an der ECMO reduzieren wir den Blutfluss bei hohem FGF und fahren die ECMO im Grunde als ECCO2R. Die Indikation unterscheidet sich etwas von der der ECMO, da die Primärzielsetzung CO2-Elimination vornehmlich bei Patienten mit COPD zu erwarten ist. Aufgrund der niederen Flüsse und höheren Diffusionskapazität des CO2 ist eine kleinere Einheit mit kleineren Lumina z.B. via Shaldonkatheter möglich. Novalung (https://www.xenios-ag.com/novalung/) und ILA (interventional lung assist) sind kompakte vom Blutdruckdifferenz getrieben pumpenlose Systeme, die akut eine CO2-Elimination und geringe Oxygenationsverbesserung erlauben. Tragbare Systeme erscheinen potentiell am Horizont, was beträchtliche Möglichkeiten für sonst austherapierte Patienten ermöglicht.