Nach allergischer Reaktion und längerfristiger transtrachealer Intubation oder auch nach widerholten traumatischen Intubationsversuchen hat der Tubus einen entscheidenden Nachteil: Er hat keinen Kamerachip oder irgendeine andere Einrichtung, die uns klar macht, in welchem Schwellungsgrad sich das (peri)laryngeale Gewebe gerade befindet. Besteht hier noch eine Schwellung, die wir weder erwartet oder detektiert haben, dann blüht uns u.U. die Reintubation oder schlimmer ein letales Ereignis auf dem Boden eines mehr oder minder iatrogenen “Cannot ventilate – cannot intubate”. Stridor ist tatsächlich eine der häufigsten Ursachen des Extubationsversagens zusammen mit einer Erschöpfung der muskulären Ressourcen. In einer Situation, in der ein lokales Ödem die Ursache ist, kann die Sicht auf den Introitus und die Lumenweite bis zur völligen Verlegung so weit eingeschränkt sein, dass eine Intubation nicht mehr möglich ist.
Wo also ein Tubus drinsteckt sollte man ihn erst herausziehen wenn man sicher ist, dass…
Möglichkeiten der Einflussnahme gibt es einige, Oberkörperhochlagerung oder 80-100 mg Hydrokortison 30-90 Minuten vor der Extubation sind die häufigsten, wenn auch teilweise umstritten. NIV zur Reduktion der Atemarbeit und Adrenalinvernebelung zur Abschwellung sind Additiva, die sich hier zusätzlich positiv auswirken.
Die Extubation selbst darf aber erst erfolgen, wenn relative Atemwegssicherheit gewährt ist.
Warum nun der Cuff-leak Test? Nun, der Schwellungsgrad steht der Theorie nach in einem umgekehrten Verhältnis zum Nebenluftvolumen bei entblocktem Cuff. Soll heissen, je verschwollener das Gewebe im Kehlkopf, desto weniger Luft kann an einem entblockten Tubus vorbeiströmen. Ein Negativbeispiel wäre ein vollkommen im Ödem eingemauerter Tubus bei allergischem Quincke-Ödem oder C1-Esterase-Inhibitormangel unter ACE-Therapie. Übrigens sieht man häufig groteske orolinguale unter Lysetherapie auf der Stroke-Unit.
“Je mehr Nebenluft desto Extubation.”
Was tun wir also? Nun bei liegendem Tubus wird unter Fixationssicherung entblockt und das vorbeiströmende Volumen gemessen. Das kann als hörbarer Stridor sein oder tatsächlich quantitiativ als Nebenluftvolumen oder Verhältnis von Expirationsvolumen mit Cuff und ohne Cuff. Die Cut-off Werte schwanken also nach Publikation um 110 ml und 10-15% Nebenluft. Sensitivität und Spezifität schwanken leider beträchtlich, so dass eine klare Einordnung schwierig ist und aktuell der CLT eher ein Baustein in der individuellen Entscheidung zur Extubation sein sollte.
Ein beträchlicher Stridor und mangelnder Rückstrom sollten jedenfalls Abstand zur Extubation nehmen lassen. Eine unnötige Verlängerung der Intubationszeit widerum trägt ebenfalls zu Morbidität bei und sollte vermieden werden. Wie gesagt, eine Fallentscheidung abhängig von den Gegebenheiten und der Ätiologie.
Misst man das Tidalvolumen mit und ohne Cuff (je mehrere gemittelte Atemzüge), sollte man bedenken, dass es neben der Weite des peritubulären Raumes Faktoren gibt, die inspiratorische wie expiratorische Nebenflüsse beeinflussen (Compliance, Atemwegswiderstand, Obstruktion, Atembemühungen/ Pressen, etc…), so dass insgesamt ein niedrigeres Vt sowohl in Inspiration wie Expiration resultiert. Die Verhältnisse von Leck zu Gesamtvolumina bleibt wohl konstant. Die Resistance beeinflusst das Leck mehr als die Obstruktion…
Ein spontan atmender Patient erschwert die genaue Messung von Volumina, solange er nicht regelmässig atmet und somit ausreichende Compliance beweisst, was die Reliabilität unseres Tests angeht. Insgesamt gibt es verhältnismässig viele falsch positive Ergebnisse. Soll heissen, Langzeitbeatmete und solche mit einem Verdacht auf ödematose oder sonstige Verlegung profitieren von der Anwendung des Tests und v.a. der damit einhergehenden Vigilanz. Otto Normalpatient wohl eher nicht in dem Sinne, dass eine Extubation verzögert werden könnte.
In der Summe:
Cuff-Leak kann Informationen liefern, ob es ein Ödem gibt, das den Extubationsversuch misslingen lassen könnte. Die Datenlage ist mau. Am ehesten profitieren kritisch Kranke nach längerfristiger (>48h) Beatmung und solche mit hoher Wahrscheinlichkeit für ein (para)laryngeales Ödem.
Die Extubation sollte nicht unnötig verzögert werden. Dafür gibt es zu viele falsch positive Ergebnisse. Andere Massnahmen des Atemwegserhalts (Exchange Catheter, NIV, Inhalation, Kortikoide) können helfen den Atemweg bis zur ggf. Reintubation zu erhalten.