Die Krux mit der gewichtsadaptierten Dosierung.

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Der Mensch hat ein Gewicht. Und einen Idealbereich desselben. Während dieser im Alltag an Vorstellungen von Ästhetik gebunden ist und damit hochindividuell machen wir uns das ganze etwas einfacher und definieren selbiges mit Hilfe von Formeln.

Zunächst erfreut sich ja der BMI aufgrund seiner Einfachheit grosser Beliebtheit. Dabei errechnet man den “Body Mass Index” als Quotienten aus Gewicht in Kilogramm und dem Quadrat der Körpergrösse in Metern.

BMI = KG [kg]/Grösse² [m²]

Schwierig bleibt ausserhalb normaler Gewichtsklassen die mangelnde Unterscheidung zwischen Fett und Muskulatur. Trotz aller Unzulänglichkeit (“Der Bodybuilder ist eben stark übergewichtig”) definiert sich Adipositas über den BMI, als zu schwer (Praeadipositas) gilt, wer einen BMI von über 25 kg/m2 hat, die Graduierung der morbiden Adipositas kennt die Grade 1 (>30 kg/m2), 2 (>35 kg/m 2) und 3 (>40 kg/m 2). Für den 1,80 m grossen Erwachsenen ergeben sich damit 81 kg als Obergrenze des Normgewichts ( °I: 97,5 kg, °II:113,4 kg °III: 129,6 kg).

Ein anderes Mass ist das sog. “Idealgewicht” nach Broca. Hierbei berechnet sich das Idealgewicht als Körpergrösse in Zentimetern abzüglich 100, abzüglich weiterer 10 Prozent. Für unseren Erwachsenen mit 180 cm ergibt sich also ein Idealgewicht von 72 kg (180-100-8).

IBW = Grösse [cm als kg] -100 -10%

In den üblichen Gewichtsklassen dosieren wir die meisten Medikamente nach mg/ kg. Dort, wo wir an die Grenzen des Normalen und darüber hinaus geraten, wird eine solche Dosierung von den Nebenwirkungen limitiert. Gerade stark übergewichtigen Menschen verabreichen wir so u.U. beträchtlich zu hohe Dosierungen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang einmal mehr die Frage nach der Pharmakokinetik. Je hydrophiler ein Medikament, desto weniger wird es ins Fettgewebe umverteilt, idealerweise entspräche sein Verteilungsvolumen dem der fettfreien Masse. Je lipophiler ein Medikament, desto grösser wird sein Verteilungsvolumen beim Übergewichtigen, desto schneller verteilt es sich aus dem zentralen Kompartiment ins Fettgewebe (cave: awareness bei schneller Umverteilung!). Im klinischen Alltag wird man kaum die jeweiligen Verteilungskoeffizienten parat haben, umso wichtiger ist es, eine ungefähre Orientierung zu haben, welche Medikamente sich bei der Dosierung an welchem Körpergewicht (Realgewicht, Idealgewicht, fettfreie Masse oder adaptiertes Idealgewicht) orientieren (Bewusst sein sollte einem, dass das Verteilungsvolumen rein wasserlöslicher Substanzen etwa dem Plasmavolumen entspricht und dass das Verteilungsvolumen fettlöslicher Substanzen i.a. deutlich höher liegt (Plasmavolumen etwa 40-45 ml/kg, cave Blutvolumen etwa 70-75 ml/kg)).

Zu diesem Zweck wurden von der AAGBI (Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland Society for Obesity and Bariatric Anaesthesia) Empfehlungen herausgegeben.
Das IWB (Ideal Body Weight) wird hier anders definiert:
IWB = Grösse [cm] -100 (männl.)
IWB = Grösse [cm] -105 (weibl.)
Weiterhin findet das Lean Body Weight, die fettfreie Körpermasse Verwendung
LBW = 9270 x Realgewicht/ 6680 + (216*BMI) (männl.)
LBW = 9270 x Realgewicht/ 8780 + (244*BMI) (weibl)
Zu guter Letzt wird noch ein Adjusted Body Weight definiert
ABW = ABW = IBW + 0,4 × (|Körpergewicht – IBW|)

[75 kg & 180 cm Mann: IWB 80 kg LBW ca. 60 kg ABW 77 kg]

Dosierung nach Realgewicht (Total Body Weight TBW)

  • Succinylcholin

Dosierung nach fettfreiem Körpergewicht (Lean Body Weight LBW)

  • Propofol (Induktionsdosis)
  • Thiopental
  • Morphin
  • Fentanyl
  • Rocuronium
  • Atracurium
  • Vecuronium
  • Paracetamol
  • Bupivacain
  • Lidocain

Dosierung nach angepasstem Gewicht (Adjusted Body Weight ABW)

  • Propofol (Dauerinfusuion)
  • niedermolekulares Heparin
  • Alfentanil
  • Neostigmin (max. 5 mg)
  • Antibiotika

Erwähnenswert ist, dass bei TCI-Narkosen aufgrund der zugrundeliegenden Algorithmen ab 150 kg Körpergewicht (Marsh) bzw. einem BMI (Schnider) von über 35 (weibl.), bzw. 42 (männl.) die Dosierung relevant zu niedrig ausfällt. Aufgrund ihrer Unzulänglichkeit sind diese Modelle für eine TCI im entsprechenden Gewichtsbereich nicht zugelassen!


For our English-speaking friends:

In everyday anesthesiological life we need to calculate the different drug doses needed. But on what basis? Depending on their soluibility in hydrophobic/ lipophilic substances or water and their rate and means of elimination the volume of distribution changes thus altering the needed dosis. It is not possible to go through different compartment models and calculate the needed dosis for each drug for each patient every time on these models. And there is no need for this. What we need to remember is that there are different (as a rule of thumb 3 for our darling everyday drugs) groups of drugs that need to be distributed in a dosage relative to 3 types of weight (see definitions at the bottom of the page):

  • TBW – total body weight
  • LBW – lean body weight (fat-free mass) and
  • ABW – adjusted body weight.

The BMI or body mass index is not suitable for dosage calculation as it has serious flaws in the discrimination of fat compared to muscle tissue. A well-trained bodybuilder with a body fat of 7% or less would still be considered obese when looking at the corresponding BMI.

BMI = BW [kg]/Height² [m²] 

For an individual male person of ür den 1,80 m we find the following cut-offs: 81 kg highest ‘normal’weight, adipose °I: 97,5 kg, °II:113,4 kg °III: 129,6 kg).

The ideal weight according to Broca is calculated as the difference between height in cm minus 100 minus another 10 %. It is not suited for drug dosage calculations but a great means for calculating tidal volume in ventilated patients (~ 6,3 ml/kg IBW). Our individual of 180 cm would then sport a weight of 72 kg.

IBW = Grösse [m als kg] -100 -10%

Again, the volume of distribution changes according to the soluability in fatty tissue. The more hydophobic/ lipophillic the higher your VoD. The more hydrophillic the closer our VoD to the plasma volume of 40-45 ml/kg.

The AAGBI (Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland Society for Obesity and Bariatric Anaesthesia) oublished the following definitions and recommendations:

Ideal Body Work
IWB = Height [cm] -100 (male)
IWB = Height [cm] -105 (female)
Lean Body Weight (fat-free mass)
LBW = 9270 x actual weight/ 6680 + (216*BMI) (male)
LBW = 9270 x actual weight/ 8780 + (244*BMI) (female)
Adjusted Body Weight
ABW = ABW = IBW + 0,4 × (|body weight – IBW|)

[75 kg & 180 cm male: IWB 80 kg LBW ca. 60 kg ABW 77 kg]

Dosage to Total Body Weight TBW

  • succinyldicholine

Dosage to Lean Body Weight LBW)

  • propofol (initial dosis/ induction)
  • thiopentone
  • morphine
  • fentanyl
  • rocuronium
  • atracurium
  • vecuronium
  • paracetamol
  • bupivacaine
  • lidocaine

Dosage to Adjusted Body Weight ABW

  • propofol (cont. infusion)
  • low molecular weight heparin
  • alfentanil
  • neostigmin (max. 5 mg)
  • antibiotics

It is important to know that in TCI-mode for Propofol (both Schnider and Marsh), from a BMI over 35 in women and 42 in men the administered dosis is insufficient due to limitations of the algorithm used! So over approx. 150 kg TCI is off-label use!




3 Kommentare

  1. Womöglich hat in Deinem Text die Auto-Textkorrektur zugeschlagen bei Ideal Body Weight (IBW => hier mit Ideal Body Work (IWB) wiedergegeben.. ?
    Ansonsten gut geschriebene Zusammenfassung, allerdings beim Propofol (sehr lipophil!) in der Erhaltungsdosis vom adjusted body weight auszugehen, ist aus dem o.a. Grund (TCI!) für mich nicht ganz nachvollziehbar – könntest Du das etwas präzisieren bitte?

    • Danke! Hab’s korrigiert! Zum präzisieren muss ich mich nochmal ein bisschen in Schniders Formeln einlesen, spontan würd ich aber an den zügigen hepat. & extrahepatischen Abbau denken… sag mir nochmal kurz, was du zugrunde legen würdest? LBW bei gefüllten Lipokompartimenten?

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