Enzymkinetik hat für mich mitunter einen ähnlichen Klang wie Wurzelbehandlung – muss wohl sein, tut aber immer etwas weh…
Damit wir wissen, wer uns dieses wunderbar einfache Modell in Form der Michaelis-Menten-Gleichung beschehrt hat, seien die Namen hier genannt: Leonor Michaelis und Maud Menten beschäftigten sich mit der zugehörigen Enzymkinetik, resp. experimentellen Betrachtungen dazu.
Formuliert hat die Gleichung dann Victor Henri, seines Zeichens Physiologe und Chemiker Anfang des 20. Jahrhunderts
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Wozu aber braucht`s das gute Stück?
Nun es geht um Pharmakokinetik, also um die Betrachtung dessen, was der Körper mit einem Stoff anstellt.
Zunächst setzen Enzyme als biologische Katalysatoren Substrate zu Produkten um. Dieser Prozess ist abhängig von den Konzentrationen an Substrat und Enzym.
Handelt es sich um einen sättigbaren Prozess, kann also nur eine bestimmte Stoffmenge pro Zeit umgesetzt werden, so handelt es sich um eine Kinetik nullter Ordnung. Bei der Kinetik nullter Ordnung ist die Umsatzrate konstant und von der Konzentration des Substrates unabhängig (z.B. hepatischer Alkoholabbau durch die Alkoholdehydrogenase). Der Graph ist eine Linie!
Bei der Kinetik erster Ordnung ist die Umsatzrate abhängig von der Substratmenge und/ oder Konzentration. Hier handelt es sich um eine Exponentialfunkton (z.B. Halbwertszeitzerfall radioaktiver Stoffe).
Oft folgen biologische Prozesse auf der Basis von Enzymen anfangs einer Kinetik erster Ordnung (Halbwertszeiten…), mit Sättigung der Enzymreserven gehen sie dann in eine Kinetik nullter Ordnung (konstanter Abbau einer Stoffmenge) über.
Die Michaelis-Menten-Gleichung beschreibt nun die Umsatzrate einer biologischen Reaktion auf der Basis von Substratkonzentration und Enzymcharakteristiken.
Mit der Reaktionsgeschwindigkeit V, der Maximalgeschwindigkeit Vmax, der Substratkonzentration [S] und der Michaeliskonstanten Km ergibt sich:
V = Vmax*[S] / Km+[S]
Km ist die Substratkonzentration, bei der die halbe Maximalgeschwindigkeit der Reaktion erreicht wird (siehe Abb.). Km ist reaktionsspezifisch.
Nun, wir erinnern uns an Kinetiken erster und nullter Ordnung beim betrachten der Gleichung:
Für eine sehr kleine Substratmenge [S] wird das “+[S]” vernachlässigbar, es bleibt:
V=Vmax*[S]/Km oder V=Vmax/Km *[S]
Bei kleinen Substratmengen ist also die Reaktionsgeschwindigkeit proportional der Konzentration, ergo haben wir eine Kinetik erster Ordnung!
Wählen wir [S] sehr groß, so wird Km vernachlässigbar, es ergibt sich:
V ~ Vmax
Bei großen Substratmengen wird die Reaktionsgeschwindigkeit unabhängig von der Substratkozentration, ergo haben wir eine Kinetik nullter Ordnung.
Nebenbei bemerkt gibt es für den bevorzugt linearen Denker die Darstellung nach Lineweaver und Burke, die die Gleichung zu 1/V = Km/Vmax * 1/S 1 1/Vmax aufdröselt.
Die sich ergebende Gerade erlaubt die Kehrwerte von Km und Vmax einfach als Schnittorte mit Ordinate und Abszisse abzulesen. Das erlaubt eine genauere Bestimmung als bei der asymptotischen Variante der o.g. Gleichung. Nur für Freunde des einfach linearen Denkens 😉
Ein Wort noch zu Antagonisten… es gibt sie kompetitiv und nicht kompetitiv. Kompetitive Antagonisten senken Km, Vmax bleibt jedoch unverändert (da große Mengen Substrat die Antagonisten am Enzym verdrängen ist der maximal mögliche Umsatz konstant).
Nicht kompetitive Antagonisten “inaktivieren” Enzyme, damit muss die maximale Umsatzrate fallen, ergo nimmt Vmax ab. Km nimmt ebenfalls ab.
Also was merk ma uns?
- Es geht um Enzymkinetik
- Km ist die Substratmenge bei halber maximaler Umsatzgeschwindigkeit
- Wenig Substrat: Umsatz proportional Substratmenge (Kinetik 1. Ordnung)
- Viel Substrat: Umsatz linear und unabhängig von der Substratmenge (Kinetik 0. Ordnung)