Das ideale Sedativum zeichnet sich u.a. ja durch eine geringe Belastung mit Metaboliten, geringe Kumulationsneigung, Kreislaufstabilität und schnelles An- und Abfluten aus… dass man da auf die Idee kommt, ein Volatilum auch auf der Intensiv einzusetzen ist naheliegend. Es gelten natürlich die üblichen Kontraindikatilnen wie Maligne Hypertonie und höhergradige Obstruktion oder Sekretbildung, die ein Anfluten erschweren. In Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit mangelt es an Erfahrung, ergo an Zulassung. Mit 50 ml Extratotraum und 200 ml Minimalanforderung ans Tidalvomumen auch kein Gerät für Kinder.
Die Firma sedanamedical (http://www.sedanamedical.com) hat nun ein in meinen Augen sehr alltagspraktisches Medizinprodukt in ihrer Palette, das – es freut die BoA – AnaConDa® heisst.
AnaConDa® steht für Anaesthetic Conserving Device. Es ist ein dem HME-Filter analog eingesetzter metallfreier und elektronikfreier (und damit MRT-fähiger) Miniverdampfer, der zwischen Y-Stück und Tubus gesteckt wird. Über eine Zuleitung dosiert man individuell nach Bedarf via Perfusor Isofluran oder Sevofluran in einer Flußrate, die sedierende Volumenprozente ergeben (Isofluran 0,2-0,7%, Sevofluran (0,5-1,4%, meist reichen 1/4-1/2 MAC). Dabei verdampft das Volatilum an einem porösen Kunststoffzylinder. Über ein Kondesationssystem aus Carbonfasern, die in den Beatmungsfilter eingearbeitet wurden erfolgt ein partielles Recycling der Atemluft, so dass Iso-/Sevofluran im System kreisen, ein Teil der Volatila (nur 10%!) wird über einen speziellen Atemfilter der an die Beatmungseinheit angeschlossen werden kann absorbiert. Ein zusätzlicher Gasmonitor auf der Intensivstation ist notwendig. Das System ersetzt den HME/Bakterienfilter. In Kombination funktioniert es nicht!
Aus alltagspraktischen Gründen wählt man aufgrund der vergleichsweise geringen MAC und der günstigeren Verdampfungskinetik Iso- und Sevofluran (erinnern wir uns an den Siedepunkt von Desfluran und seinen krassen Dampfdruck, beide machen exakte Dosierungen schwierig.).
Isofluran und Sevofluran haben geringe Metabolisierungsraten (0,02% vs. 3-5%), ihre Metabolite sind im Alltag wahrscheinlich nicht klinisch relevant (pot. hepatotoxische Trifluressigsäure und CO vs. pot. nephrotoxische Fluoridionen und ujnujjuujCompoundA), sie kumulieren faktisch nicht und fluten schnell an und ab. Ihr MAC liegt bei 1,2 vs. 2,0 für die klinische Anästhesie. Intensivmedizinisch sind wesentlich geringere Vol%-Werte nötig, was die Kreislaufwirkung im Vergleich zu Propofol oder zentralen alpha2-Agonisten reduziert.
Verglichen mit Propofol (PRIS), Midazolam (Überhang, Delir), Sufentanil (Überhang) und Clonidin/ Dexmedetomidin (HWZ, Kreislaufreaktion) bieten sie eine apparativ aufwendigere aber pharmakologisch interessante Sedierungsalternative. Gerade der Patient im schwierigen weaning-Prozess profitiert.
- Volatila kumulieren nahezu nicht – Überhänge sind kaum zu erwarten
- die Sedierung ist gut steuerbar, v.a. Agitation und Kreislaufreaktionen sind gut kupierbar

Mitgeliefert werden spezielle Perfusorenspritzen, Leitungen zur Anaconda und Abluftleitungen, man benötigt spezielle Fülladapter für die Spritzen, einen Perfusor, einen Gasmonitor und den Abluftabsorber. Das Gerät funktioniert an den gängigen Intensivrespiratoren anstelle des HME/Bakterienfilters.
Die Vorteile:
- sehr gut steuerbare Sedierungstiefe (Aufwachversuch!)
- keine Kumulation
- organunabhängige (Leber, Niere) Elimination, keine Enzyminduktion
- keine relevante Medikamenteninteraktion
- keine Toleranzentwicklung oder Abhängigkeit
- vergleichsweise geringe Kreislaufwirkung
Achten muss man aufgrund der fehlenden Regulation auf Temperaturkonstanz (Verdampferrate!), ruhigen Stand (unabsichtliche Boli) und eine gesteuerte Applikation. Füllung und Priming von Hand führt zu unkontrollierbaren Dosisschwankungen. Laut Hersteller haben sich für Isofluran 3 ml/h und für Sevofluran 5 ml/h als initiale Laufrate etabliert, zum Priming werden über Maschinenbolus (nicht von Hand!) 1,5 ml Initialbolus appliziert.
Geschlossene Abbsaugeinrichtungen und Medikamentenapplikatoren werden zwischen AnaConDa® und Tubus montiert.
Die AnaConDa® ist eine gute Sedierungsalternative bei Patienten nach langer Sedierung und schwierigem weaning. Die Inzidenz von deliranten Zuständen steigt mit der Sedierungsdauer unter Propofol, Midazolam oder Sufentanil aufgrund ihrer Metaboliten und langen (teilweise unklaren Eliminationshalbwertszeiten). Aufwachversuche sind unter AnaConDa® jederzeit kurzfristig (“abhängen”, also den Verdampfer aus dem Atemkreis nehmen) möglich, die Resedierung erfolgt problemlos und zügig. Vermutet man einen Sedativaüberhang erlaubt die Sedierung mittels AnaConDa® das “Abrauchen” von Sedativa und Metaboliten.
In den empfohlenen Konzentrationen um 1/4-1/2 MAC ist der kreislaufdepressive Effekt von Isofluran und Sevofluran meist nur gering im Vergleich zu Clonidin, Dexmedetomidin oder Propofol.
Der höhere apparative und preisliche Aufwand limitiert gerade in kleinen Häusern den Einsatz.
PS: Das Schwarze nach oben und den Iso-/ Sevo-Flaschenadapter nicht wegschmeissen, teuer! Da wie ein ‘Conserving’ Device vor uns haben, dauert’s ne Weile bis der ‘Wirkspiegel’ fällt. Kurze Wege gehen also theoretisch auch mal ohne Pumpe… dichtes System vorausgesetzt.
Vielen Dank für den Beitrag =)
wie ist das mit dem 1/4-1/2 MAC mit Exzitationszuständen?
VG
Nun, das Einsatzgebiet sind ja gerade Patienten mit schwierigem weaning, ich schätze den exzitatorischen Anteil als recht gering ein im Vergleich zum Überhang von Midazolam/ Sufentanil/ Propofol und Metaboliten…
[…] Ein Inhalativum, zwei Inhalativa. Soweit so Neutrum. Inhalationsanästhetika dienen neben den via Vene verabreichten i.v.-Anästhetika wie Propofol, dem Erhalt, bei Kindern auch der Einleitung einer Narkose. Einzelne Substanzen dienen in manchen Teilen der Welt der ambulanten Analgesie (Methoxyfluran) oder der Sedierung von Intensivpatienten (Isofluran und Sevofluran) als sogenanntes Anaconda-Verfahren. […]
Kann man zusätzlich zur Anaconda noch inhalieren lassen (technisch) beispielsweise mit Salbutamol oder Atrovent. Wir haben das in meinem alten Haus regelhaft gemacht, jetzt haben wir hier neue Filter und es gibt einen ständigen Kampf mit der Pflege, weil es zu Filterpproblemen kommt. Danke für die Antwort