Kein Pipi – was nun?

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Es wird Nacht im peripheren Haus. Einzig der AvD irrt umtriebig durch die verwaisten Gänge. Da surrt der Piepser. Frau Müller hat eine Anurie…

Definitionen

Ziel all unserer Bemühungen ist die normale Diurese… wenn wir nur wüßten, was das heisst… jeder betet nachts im Schlaf die RIFLE*-Kriterien runter und kennt AKI wie NKF intimer, aber wie war nochmal die normale Diurese definiert? So praxisnah?

normale Diurese: 0,5-1 ml/kg/h

Heißt für das 60 kg Lieschen Müller reichen 30 ml/h durchaus, das ist dann pro 24 h auch nur ein knapper Dreiviertelliter, aber der reicht.

  • Oligurie – < 500 ml/d
  • Anurie < 100 ml/d
  • Polyurie > 2 l/ 24h – kann Ausdruck der polyurischen Phase eines Nierenversagens sein, also mangelnde Konzentrationsfähigkeit…

Schlagen wir den Herold auf hagelt`s Systematik: prä-/ intra-/postrenal…. die Diurese krankt aus 4 Gründen, es wird nix angeliefert (“Minderperfusion”, strenggenommen auch prärenal”), es ist nix zum Ausscheiden da (“Volumen”) – “prärenales NV”), die Niere ist aus verschiedenen Gründen platt (“intrarenales Problem”) oder der Abfluß ist verstopft (“postrenal”). Nun, was tun wir?

  • postrenale Verstopfung – Fangen wir hinten an. Wenn die Diurese versiegt, dann fragen wir uns primär, ob der Katheter auch abläuft oder ob er verstopft ist: Mit der Blasenspritze und NaCl “dekonnektieren und spülen” – kommt was vom Gespüle zurück, weitersuchen. Zum Beispiel nach Steinen, die im Ultraschall so schöne Schatten werfen… hast du einen, ruf den Urologen an, bevor das Nierenbecken rupturiert…
  • Dann fällt der Blick auf den Monitor, kein Druck heißt kein Urin. MAP unter 60 mmHg oder beim Hypertoniker ggf. höher und die Diurese versiegt mangels suffizienter Perfusion, ergo heben wir den Blutdruck ggf. mit Noradrenalin im Perfusor um 10-15 mmHg an.
  • Gleichzeitig sehen wir  – soweit vorhanden – in der arteriellen Kurve eine SVV von über 10%, Schwankt das Schlagvolumen fehlt Volumen. Unter dem Verdacht heben wir die Beine an, steigt der Blutdruck dann, häng Volumen dran… (natürlich unter Rücksicht auf die Pumpe und die Pleuraergüsse 🙂 ) Ach ja, Kristalloide sind Trumpf, HAES und kritisch kranke Niere vertragen sich nicht! (Kumulation und Nierenschaden!)
  • Wenn alles nix hilft, dann hat die Niere wohl doch etwas mehr abbekommen – wir therapieren die Grunderkrankung (GN, tubulointerstitiell, hepatorenales Syndrom…) ggf mit dem Nephrologen, setzen nephrotoxische Substanzen möglichst ab und halten die vorgenannten Parameter (Abfluß, Blutdruck, Volumenstatus) konstant… steigt der Harnstoff gegen 200 und das Krea nimmt stetig zu oder wird das Kalium schwierig (also über 5,5 mmol/l) dann mal an Shaldonkatheter und vorübergehende Dialyse denken und für eine baldige Erholung beten… (ja, Demut ist eine ärztliche Tugend…).

Ach ja, Lasix ist nicht dein Freund… die Nierenfunktion bessert sich dadurch nicht, aber natürlich kann sich ggf. die Wasserdiurese sehen lassen, allerdings nimmt die Niere bestenfalls keinen Schaden davon, therapiert ist mit Lasix erstmal noch nix außer den Zahlen im Kardex, eventuell hilft es bei leichter Hyperkaliämie oder Überwässerung… Über 500 mg/24h Lasix sind übrigens auch im Perfusor Mist, da hilft dann auch kein HCT zur seqentiellen Nephronblockade…

ACC – Acetylcystein hat sich bisher nicht als ausreichend hilfreich gezeigt.

Aber das Labor ist dein Freund… wir schauen uns Krea und Harnstoff regelmäßig und im Verlauf an, ggf. Natriumkonentrationen im Urin (norm 50-200 mmol/24 h) und suchen nach Zeichen der Tubulusnekrose im mikroskopischen Bild… nebenbei bemerkt lohnt im Hinblick auf die Therapie die Grunderkrankung ein Blick auf Leukozyten, CRP und PCT… die Nierenfunktionsstörung kann sowohl Ausdruck eines septischen Geschehens sein, als auch Grund der Sepis (i.R. einer Urosepsis bei Stauungsniere zum Beispiel).

*RIFLE Acronym aus den Stadien des akuten Nierenversagens

  • R_isk – 1,5-2facher Kreaanstieg, <0,5 ml/kg für 6 h
  • I_njury – 2-3facher Kreaanstieg, <0,5 ml/kg für 12 h
  • F_ailure – über 3facher Kreaanstieg, Anurie für 12 h oder <0,3 ml/kg/h für 24 h
  • L_ost – dauerhaftes NV > 4 Wochen
  • E_ndstage renal disease – dauerhaftes NV > 3 Monate

Also:

  • Katheter legen um quantifizieren zu können, was kommt
  • Volumenstatus erheben und ggf. (an die kardiale Kompensationsfähigkeit angepasst!) “auffüllen”
  • MAP in einen sinnvollen Bereich oberhalb von 60 mmHg bringen
  • postrenales Versagen durch Klinik und/oder Schall ausschließen (Blase und Nierenbecken)
  • Krea, Kalium, Harnstoff für den Nephrostatus
  • Blutbild, CRP, PCT für den Entzündungsstatus
  • Urikult und “pathogene Keime”



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