Einfache Handlungen verbessern oft signifikant komplexe systemische Zusammenhänge. An sich banale Handlungen können uns das Leben als Anästhesist oder Notarzt oft sehr vereinfachen, umgekehrt führt deren Unterlassung vielleicht zu Schwierigkeiten, die nicht sein müssten. Genug um den heißen Brei geredet, wir beschäftigen uns mit Lagerungsmaßnahmen und deren Auswirkungen auf die Vitalfunktionen (Herz-/Kreislauffunktion, Atmung und Beatmung, so wie um weiteren Sinne ZNS-Funktionen.
Im wesentlichen gibt es die Möglichkeit, den Oberkörper hoch oder tief, die Beine erhoben oder abgesenkt oder den gesamten Körper ‘Kopf hoch, Fuss tief’ (Anti-Trendelenburg) oder ‘Kopf tief, Fuss hoch’ (Trendelenburg) zu lagern. In Rettungsdienst und klinischer Geburtshilfe ist bei schwangeren manchmal noch die Drehung um die Körperlängsachse sinnvoll und notwendig (30° Linksseitenlage).
‘Autotransfusion’ vs. Vorlastsenkung
Der venöse Rückfluss zum Herzen geschieht im wesentlichen passiv, der Tonus und die Füllung der Kapazitätsgefässe, so wie die Muskelarbeit v.a. der Beine bestimmen den Rückfluss.
Etwa 500 ml lassen sich mobilisieren, wenn wir die Beine heben, beim Hypovolämen steigt der MAD und die Herzfrequenz sinkt – wir steigern so die Vorlast und damit das Schlagvolumen, das Herzzeitvolumen und damit den MAD (Im positiven Fall haben wir damit Volumenreagibilität bewiesen und damit eine Hypovolämie gezeigt – Stichwort ‘leg-raise test’). ‘Beine hoch’ ist also das einfachste Mittel dem vasodilatatorischen Effekt vieler Narkotika zu begegnen und den Blutdruck zu stabilisieren.
Entsprechend reduziert eine Tieflagerung die Vorlast (und im geringen Maße auch die Nachlast). Tieflagerung der Beine und Oberkörper hoch kann in der Herzinsuffizienz mit Lungenödem eine Entlastung bringen.
‘Aktivierung der Atemhilfsmuskulatur’ und ‘Compliance’
Eine Oberkörperhochlagerung ermöglicht beim Spontanatmenden erst den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur da deren Zugrichtung in erster Linie kraniokaudal verläuft (Scaleni, Trapeziusanteile, Armmuskulatur).
Durch Anheben des Oberkörpers verbessert sich die Compliance, die zuvor in flacher Lagerung ‘wegzuatmende’ Bauchdecke behindert die Thoraxexkursionen weniger, das Tiefertreten des Zwerchfells wird gravitationsbedingt eher verbessert. Entsprechend ist dieser Effekt umso effektiver je dicker die Bauchdecke ist.
Das closing volume ist lagerungsabhängig, und umso kleiner je aufrechter der Patient liegt oder steht. Ein Kollaps kleiner Atemwege tritt also später auf, eventuell ist weniger PEEP nötig, air trapping tritt weniger wahrscheinlich auf. Interessant bei COPD und Asthma.
Insgesamt reduziert eine aufgerichtete Haltung die Wahrscheinlichkeit der Bildung von Atelektasen in abhängigen Lungenarealen. Eine relevante Wiedereröffnung ist zeitabhängig nicht zu erwarten.
‘verbesserter venöser Abfluss’
Beim Hirnödem kann ein behinderter venöser Abfluss zu einer u.U. deletären Steigerung des Hirndrucks führen. Oberkörperhochlagerung (30°) verbessert den venösen Rückstrom. Wichtig dabei auch eine mediane Stellung des Kopfes ohne Rotation oder Neigung des Kopfes (‘Neutralstellung’) – Jede andere Stellung kann Druck auf die Vv. jugulares ausüben und den Rückfluss behindern.
Zu bedenken ist aber, dass bei geschädigter Autoregulation ein Anheben des Kopfes zu einer Senkung des Perfusionsdrucks führen kann, Stichwort penumbrale Salvageperfusion.
‘Prophylaxe uterokavales/ aortokavale Kompressionssyndrom’
Der schwangere Uterus kann in Rückenlage ab etwa der 28. SSW zu einer Kompression der V. cava inferior und der Aorta führen. Die plötzliche Vorlastreduktion kann sich akut in einem Kreislaufeinbruch äußern, die Kompression der aortalen Strombahn kann eine Minderversorgung des Fetus bedingen. Eine 30° Linksseitenlage oder manuelle Verlagerung des Uterus nach links verbessern den Rückfluss. (Deshalb Schwangeren-REA in 15° LSL!).
Schmerzreduktion und Verbesserung der Atemmechanik bei instabiler Rippenserienfraktur
Ggf. kann die Seitlagerung auf die verletzte Seite bei Rippenserienfraktur eine Schmerzreduktion erreichen oder helfen im Sinne ‘externer Schienung’ (zunächst) die Intubation durch Verbesserung der Atemmechanik hinauszuzögern.