SVV/ IBP

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Vertraut ist sie uns allen, die typische dikrote (“zweigipfelige”) Form der arteriellen Druckkurve. Doch welche Informationen lassen sich aus ihren Formen im Alltag ziehen?

Nun, zum einen natürlich die Werte für den systolischen (peakmax) und diastolischen (peakmin) Blutdruck. Da wir in aller Regel im Bereich der A. radialis den Blutdruck abgreifen läßt sich der mittlere arterielle Blutdruck daraus berechnen:

MAP = (SAP+ 2xDAP)/3

An ihren Anstiegsgeschwindigkeiten und dem Abstand der Druckkurvengipfel erfahren wir orientierend etwas zur Inotropie, resp. der Auswurfleistung (maximale Amplitude).

Die Dikrotie ergibt sich aus der Kombination verschiedener Effekte. Zum einen verursacht der Klappenschluß der Aortenklappe eine kleine Inzisur, die umso früher einsetzt und umso schärfer konturiert ist, je zentraler im Gefäßbett wir uns befinden, zum anderen ergeben sich aus dem vom Myokard erzeugten Druck einerseits und aus dem Druck der elastischen Rückstellkräfte der Aorta (“Windkesselfunktion“) zwei Druckgipfel. Je peripherer, desto weiter rücken diese Gipfel auseinander. Je geringer die Compliance des Gefäßsystems desto steiler der Druckanstieg und desto flacher der Verlauf des zweiten Peaks.

Angemerkt sei, dass es sich um eine Druckkurve handelt, die Volumenflußkurve zeigt im wesentlichen einen Peak in der Mitte der Systole, der mit dem Schluß der Aortenklappe auf Null zurückfällt (nur ein Gipfel!), obwohl in der Druckkurve gerade erst der zweite Druckgipfel einsetzt (durch elastische Rückstellkräfte, nicht durch Volumenfluß)!

Angezeigt wird uns neben SAP/DAP (MAD) auch die SVV oder Schlagvolumenvarianz, also das Verhältnis von maximaler Blutdruckamplitude zu minimaler Blutdruckamplitude. Der Normalwert liegt unter 10 Prozent.

Die SVV, resp. die AUC (area under the curve) zeigt ihre Abweichungen in Abhängigkeit vom Volumenstatus. Die Abhängigkeit der SVV vom Volumenstatus ist nur verwertbar unter Normorhythmie und konstanten Atemzugsvolumina/-drücken, also kontrollierter Beatmung!

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Wie kommt es nun zur Schlagvolumenveränderung? Wir erinnern uns, dass sich unter Beatmung die Druckverhältnisse im Thorax umkehren. In der Inspiration steigt der intrathorakale Druck durch das eingeblasene Volumen, entsprechend fällt der Druck in der Expiration. Dieser Druck hat einen Effekt auf das via Vena cava passiv zum Herzen strömende Blut. Steigt der intrathorakale Druck (Inspiration) erreicht weniger Blut das Herz, es kommt zu einer geringeren Vordehnung (Frank-Starling-Effekt!), somit fallen Schlagvolumen und Inotropie, des resultiert eine geringere Druckamplitude. In der Expiration sinkt der intrathorakale Druck, relativ mehr Blut erreicht passiv das Herz, es kommt zu einer stärkeren Vordehnung bei höherem Schlagvolumen, die Druckamplitude steigt. Im Idealfall ergibt sich ein sinusförmiges An- und Abschwellen der Amplitude. Je höher die Vordehnung der Kapazitätsgefäße durch Volumenfüllung, desto geringer ist dieser Druckeffekt. Bei Hypovolämie jedoch ist dieser Effekt (“Cavakollaps”) sehr ausgeprägt. Zeigt die SVV >10% an, Volumengabe erwägen.

Beim kardiopulmonal instabilen Patienten mit PiCCO-Messung erlauben weitere Parameter die genauere Therapiesteuerung, die SVV ist nur ein orientierender Wert!

PPS: Wer’s kompliziert mag darf sich nun noch überlegen, dass die Lunge mit ihrem Pool-Blut dem intrathorakalen Druck ebenso unterworfen ist und dass eine Drucksteigerung durch Inspiration unter Beatmung zu einem “Auspressen” dieses Volumens Richtung linker Vorhof führt. Die resultierenden Vorlasten hängen dann von situativen Drücken und Füllungsständen ab. Well, die Realität ist komplex… für den Alltagsgebrauch reicht obiges.




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