Propofol und seine Nebenwirkungen… PRIS – Propofol Infusions Syndrom

Kaum ein Medikament ist dem modernen Anästhesisten so geläufig und vertraut wie 2,6-Diisopropylphenol… besser bekannt unter seinem Rufnamen Propofol.

Selbst in nichtärztlicher Hand findet es häufig Verwendung, beispielsweise in der gastroenterologischen Endoskopie – ob man das aus anästhesiologischer Sicht gutheißen möchte, sei dahingestellt.

Gemeinhin gilt es als gut steuerbar und in erfahrener Hand als nebenwirkungsarm. Es wirkt narkotisch-sedativ, antiemetisch, setzt wenig Histamin frei, hat eine gut einschätzbare Kinetik und ist kein Trigger der malignen Hyperthermie. Analgetisch wirkt es nicht.

Die Wirkung wird v.a. über die β3-Untereinheit des GABAA-Rezeptors vermittelt. Eine Einleitungsdosis bewegt sich zwischen 1-3 mg/kg, die Erhaltdosis im OP zwischen 3-12 mg/kg/h. Das Einschlafen wird oft als angenehm beschrieben, gelegentlich wird über sexuelle Träume berichtet.

Welche Nebenwirkungen sind beschrieben?

Zunächst kommt es gelegentlich zu brennenden Injektionsschmerzen, neuere Formulierungen mit MCT sollen diesen bessern, oft werden einige Mililiter Lidocain in die zu diesem Zweck gestaute Vene vorgespritzt.

Propofol wirkt in entsprechender Dosierung atemdepressiv. Beatmungsmöglichkeiten und eine SiO2-Messung sind obligat.

Propofol wirkt negativ inotrop und direkt vasodilatierend. Gerade Alte und kardial Vorerkrankte benötigen eine deutlich niederere (ggf. titrierende) Einleitungsdosis. Ggf. sind andere Induktionsmedikamente zu wählen (Etomidate, Ketamin – mit eigenen pitfalls!). Generell lieber vorsichtig verwenden, was man gut kennt! Selten sieht man Muskelzuckungen (ohne EEG-Equivalente). Bei längerer Sedierung fällt gelegentlich eine Grünfärbung des Urins auf.

Ein Wort zur Zulassung: Propofol ist in der Anästhesie erst ab dem 3. Lebensmonat zugelassen (wird aber dennoch im off-label use auch früher eingesetzt). Für die (Intensiv-)Sedierung gilt eine Zulassungsbeschränkung unter 16 Jahren. Warum?

Stichwort ist das Propofolinfusionssyndrom, kurz PRIS.

Man vermutet einen propofolvermittelten Defekt der oxidativen Phosphorylierung, also der Atmungskette, so wie eine Transportstörung für Fettsäuren. Der genaue Mechanismus ist unbekannt.

Klinisch kommt es bei kritisch Kranken – oft unter Katecholamintherapie – mit Sedierungszeiten über 7 d und einer kumulativen Dosis über 4 mg/kg/h zu einer typischen Klinik mit:

  • metabolische Azidose
  • Herzrhythmusstörungen (Brugada, AVB, QRS-Verbreiterung, Bradykardie/ Asystolie)/ Herzinsuffizienz
  • Rhabdomyolyse
  • konsekutives Nierenversagen
  • Hypertriglyceridämie

Kinder scheinen empfindlicher zu sein, weshalb o.g. Alters- und Dosisbeschränkungen gelten.

Die Häufigkeit wird mit etwa 1% angegeben, die Letalität um 20 %.

Therapeutisch sind v.a. sofortige Propofol-/Fettsäurekarenz (Umstieg z.B. auf Volatila via z.B. AnaConDa-System), ggf. Katecholamintherapie, ggf. Schrittmachertherapie,  Erhalt der Vitalparameter, ausreichende Volumengabe und Diurese, so wie Azidoseausgleich vorrangig. Ggf. kann eine frühe Dialyse hilfreich sein.

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