Hyperkaliämie – better shift during night shift? (Hyperkaliämie in a nutshell) [inkl. pdf]

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Michel

Nachts um 4 kommt gern mal ein REA-Alarm und stört die verdiente Nachtruhe – Hyperkaliämie bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen oder entsprechender Medikation ist oft genug Ursache maligner Rhythmusstörungen. Aber auch ohne solche sollte uns ein Kaliumwert oberhalb der Norm einen Blick wert sein und schnelles Handeln folgen…

Normwert Serumkalium: 3,5-5,0 mmol/l

Der weitaus häufigste Grund für die Hyperkaliämie ist wohl die Fehlmessung. Langes Stauen, “Pumpen” und ähnliches wie Hämolyse im rabiaten Rohrpostsystem erhöhen das Kalium ohne, dass der Patient wirklich ein Problem hat. Heisst:

Hyperkaliäme Werte werden vor Therapiebeginn IMMER kontrolliert!

Im EKG zeigen sich ggf. typische Veränderungen mit inkonstanter (!) Abhängigkeit vom Kaliumwert

  • T-Überhöhung (>5,5 mmol/l)
  • PQ-Verlängerung/P-Verlust (>6,5 mmol/l)
  • QRS-Verbreiterung (>7,0 mmol/l)
  • ventrikuläre Arrhythmie/ Asystolie (>8 mmol/l)

Und warum zuckt`s und walzt uns das EKG breit? Nun, extrazellulär liegt Kalium bei o.g. Werten, intrazellulär bei etwa 150 mmol/l. Nach der Nernstgleichung kommen wir damit für das führende Ion des Membranpotentials auf etwa -96 mV (mit extrazellulär 4 mmol/l und intrazellulär 150 mmol/l). Rechnen wir das jetzt mit 6,5 mmol/l extrazellulär kommen wir auf -83 mV. Heisst, erstmal steigt unser Ruhemembranpotential an und wir nähern uns dem Schwellenpotential verschiedener spannungsabhängiger Kanäle (v.a Natrium- und Calcium), die spontane diastolische Depolarisation verläuft mangels Gradient zögerlicher. Erstmal steigt das Risiko für ungeregelte Depolarisationen, also Arrhythmien und da die Repolarisation aufgrund des sinkenden Kaliumgradienten ebenfsalls zögerlich und weniger negativ verläuft kommt es zur verringerten Reaktivierung spannungsabhängigen und so länger teilrefraktären Kanäle mit einer Störung des Erregungsablaufs, die sich gesamt als Leitungsverzögerung äussert.

Therapie: Kalium senken!

Akut

  • primär “Antidot” Calciumgluconat 10% 1-2 Ampullen, stabilisiert das Membranpotential und vermindert das Risiko maligner HRST, KI: Digitalis!
  • Shift” nach intrazellulär, keine Therapie! Nur 1-3 h Zeitgewinn bis zur endgültigen Therapie.
    • β2-Mimetika (Terbutalin/ Bricanyl® 1/2-1 Amp. s.c., Salbutamol 2 Hub (0,2 mg) inhal.)
    • Insulin-/Glucose “200/20/20-Schema”: 200ml G20 + 20IE Altinsulin; via Perf.: G20:20-40ml/h + Altinsulin (50IE/50 ml): 2-4 ml/h; Mechanismus: Aktivierung Na+/K+-ATPase i. Hepatozyten
    • Hyperventilation beim Beatmeten (Azidoseausgleich! Protonenplus hemmt Na/H+-Antiporter – intrazelluläres Natrium sinkt, Na/K-ATPase wird gehemmt)
    • Natriumbicarbonat [0,3 x BE x kgKG] davon 1/2 D n. BGA; Azidoseausgleich! NaBic nur bei der schweren metabolischen Azidose! REA!
  • Elimination
    • Furosemid/ Lasix® 20-40(-80) mg i.v.; erhöht renale Ausscheidung wenn noch Resturese vorhanden
    • 500 ml Volumengabe; Prärenales Nierenversagen? Macht keinen Sinn ohne Resturese bei terminaler Insuffizienz
    • Resonium® 15 mg Btl p.o. bis 4x/d oder 30 mg rektal; Kationentauscherharz
    • Dialyse bei Anurie/ schwerer Niereninsuffizienz/ Therapieversagen/ malignen Rhythmusstörungen

Längerfristig

  • Medikation prüfen – Kaliumsparende Diuretika stoppen (Spironolacton, ACE-Hemmer, Triamteren)
  • Kaliumarme Ernährung “Nierenkost”
  • z.B. Lasix®, Resonium® in die Dauermedikation?

Noch ein paar kurze Worte zur Hypokaliämie. Der tägliche Kaliumbedarf liegt etwa bei 1-1,5 mmol/kg KG/d, wenn wir ganz entgegen der Idee dieses Artikels einmal Kalium geben wollen, dann hängt die Menge davon ab, was uns als Zugang zur Verfügung steht. Peripher beschränken wir uns zwecks Venotoxizität, also schmerzhafter Reizung bis zur (Thrombo-)Phlebitis auf maximal 20 mmol/l, zentral in der Regel auf 40 mmol/l, wobei auch der allseits beliebte und BGA-abhängig unter Intensivmonitoring zu führende Kaliumchloridperfusor möglich wäre. Wenn wir hier eine Zunahme wollen, dann ist unser Maximalziel bei etwa einem Kaliumanstieg von 0.2-0.3 (-0.5) mmol/kg/h.

Im EKG zeigt sich die Hypokaliämie spät und durch eine Verlängerung der QT-Zeit und durch das Auftreten von U- oder T/U-Verschmelzungswellen. Hypokaliämie führt zur Hyperpolarisation, das AP ist verlängert, seine Aufstrichgeschwndigkeit dank des gesteigerten Gradienten aber beschleunigt. Torsade-de-pointes-Tachykardien und reentries werden wahrscheinlicher.

4er Kalium ist gutes Kalium!




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